Aus der Ferne betrachtet mag die Zukunft von
sorbischer Sprache und Kultur bei vielen Deutschen als künstlich am
Leben gehalten erscheinen. Sorben und Wenden, denen sich in der
Lausitz 60 000 Menschen zugehörig fühlen, werden bei Hahnrupfen oder
Vogelhochzeit zur Kenntnis genommen. Doch die slawische Minderheit in
Deutschland hat diese verkürzte Betrachtung nicht verdient. Wer sich
unmittelbar ins Siedlungsgebiet der Ober- und Niederlausitz begibt,
hinschaut und hinhört, der stellt fest: Hier leben Sprache, Kultur
und Traditionen, ohne dass der Blick für die Moderne versperrt ist.
Die Sorben haben es verdient, dass sie zum 100. Geburtstag ihrer
Interessenvertretung, der Domowina, von der Politik ins Stammbuch
geschrieben bekommen: Die Sorben tun Sachsen, Brandenburg, ganz
Deutschland gut. Nach 100 Jahren wechselvoller Geschichte – mit
Unterdrückung, Verbot, Aufbegehren und Gleichschaltung – ist 1989
auch die sorbische Welt auf den Kopf gestellt worden. Der dies zum
Jubiläum gesagt hat, ist einer von ihnen. Der Sorbe Stanislaw
Tillich, der die Domowina in den zurückliegenden Jahren zum
Erneuerungsprozess gedrängt und sie auf diesem Weg keineswegs
geschont hat. Nun aber scheint ein finanzieller Wendepunkt erreicht.
So wie die Sorben Sachsen gut tun, tut offensichtlich auch Tillich
den Sorben ganz gut. Denn nach 20Jahren Mittelkürzung darf
der CDU-Politiker nun die Reißleine ziehen und der Domowina
signalisieren, dass der leidvolle Weg der Konsolidierung ein Ende
haben könnte. Was jetzt ohne zusätzliche Mittel von Bund, Sachsen und
Brandenburg gefolgt wäre, hätte die Existenz der Minderheit aufs
Spiel gesetzt. Das mögen große Worte sein. Doch an Instituten weiter
zu kürzen, sorbische Kunst einzudampfen oder an das allseits gelobte
Sprachprojekt Witaj den Rotstift anzulegen – das geht
zugegebenermaßen an die Substanz. Und es würde auch den Sonntagsreden
von der Unterstützung für die Sorben widersprechen. Dass die drei
Partner offensichtlich einig sind, für 2013 mehr Geld zur Verfügung
zu stellen, ist nur folgerichtig. Sich mit der Forderung des
langjährigen Domowina-Chefs Jan Nuck zu beschäftigen, könnte aber den
sicheren Weg in die Zukunft weisen: Wenn 2014 ein neuer
Stiftungsvertrag ausgehandelt wird, soll endlich ein garantierter
Inflationsausgleich festgeschrieben werden. Eine solche Garantie
haben sich die Sorben verdient.
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