Die Energiewende droht zum Opfer des eigenen
Erfolgs zu werden. Weil der Ausbau von alternativ produziertem Strom
aus Sonne, Wind und Biogas immer schneller vorangeht, werden die
Stromrechnungen für die Verbraucher immer höher. Damit wird eine
andere Rechnung offenkundig: Die meisten Deutschen haben zwar den von
der Regierung Merkel nach dem GAU von Fukushima beschlossenen
beschleunigten Ausstieg aus der Atomenergie freudig begrüßt, in der
Euphorie die damit verbundenen Kosten allerdings unterschätzt.
Nachdem am Montag die Erhöhung der Ökostrom-Umlage um fast 50 Prozent
auf 5,3 Cent pro Kilowattstunde verkündet wurde, steht Deutschlands
energiepolitischer Alleingang vor der nächsten großen
Herausforderung. Sicher scheint mittlerweile zu sein, dass bis zum
Aus des letzten Atommeilers 2022 ausreichend Ersatzstrom aus
alternativen Energiequellen produziert werden kann. Die damit
verbundenen Kosten allerdings drohen Strom für einen Teil der
Bevölkerung zum Luxusgut zu machen. Damit wird die Energiewende auch
zu einem sozialpolitischen Problem. Der Grund dafür liegt in den
attraktiven Subventionen für Investoren riesiger Windparks wie
Mini-Dach-Solaranlagen. Denn je mehr Fördermittel in alternative
Energie fließen, desto mehr Geld muss im Gegenzug über die Umlage
nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) bei den Verbrauchern
kassiert werden. Nach dem EEG bekommen die Betreiber von Windrädern,
Sonnenkollektoren und Biogasanlagen auf 20 Jahre garantierte
Vergütungen für jede Kilowattstunde. Die liegen längst über dem
Marktpreis. Und darum verdienen sich so viele Betreiber alternativer
Kraftwerke jetzt eine goldene Nase. Ein Jahr vor der Bundestagswahl
ist der Bannstrahl über die Atomkraft damit zu einem weiteren
Brandherd für Angela Merkels Koalition geworden. Ihr muss ein
Kostendämpfungsprogramm gelingen, um den fatalen Eindruck zu
widerlegen, die Last dieser Energiewende hätten vor allem Otto-
Normalverbraucher und Mittelständler zu tragen. Und da ist
Umweltminister Peter Altmaier – aller Kritik zum Trotz – auf dem
richtigen Weg. Er will die Subventionen zumindest für Neuanlagen
drosseln, das Tempo beim Ausbau der alternativen Energien begrenzen
und dem Aufbau leistungsfähiger Stromnetze anpassen, außerdem all die
energieintensiven Unternehmen überprüfen, die aus internationalen
Wettbewerbsgründen vom EEG befreit sind. Da gibt es, dank
freundlicher Unterstützung der FDP, mittlerweile zu viele Betriebe,
die keine Ökostrom-Umlage zahlen. Ein neues EGG ist deshalb
überfällig. Viel mehr als vorbereiten kann Altmaier das allerdings
nicht. Zu willkommen ist der Opposition das Kostenproblem der
Regierung, zu unterschiedlich sind die Interessen zwischen den
Wind-Lobbyisten im Norden und den Abnehmern im Süden, als dass vor
der Bundestagswahl im September 2013 ein Kompromiss zur Kostensenkung
denkbar wäre. Aber was auch immer irgendwann dabei herauskommt:
Sicher ist, dass Strom ein teures Gut bleibt.
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