Die meisten psychisch kranken Kinder erhalten in
Deutschland nicht die Versorgung, die sie bräuchten. Das berichtet
das ARD-Politikmagazin „Report Mainz“ unter Berufung auf eine
aktuelle Auswertung der „Bella-Studie“ zu psychischen Problemen bei
Kindern und Jugendlichen in Deutschland. Für die repräsentative
Studie im Auftrag des Robert-Koch-Instituts und der Uniklinik
Hamburg-Eppendorf wurden 4.000 Familien befragt. Studienleiterin
Prof. Ulrike Ravens-Sieberer erklärte im Interview: „Diese Ergebnisse
zeigen ganz deutlich, dass nur 30 Prozent der Kinder und
Jugendlichen, die wirklich auffällig sind, in der fachspezifischen
Versorgung landen, das heißt bei den Kinder- und Jugendpsychiatern,
bei den Psychotherapeuten und bei den Psychologen. Und das ist
natürlich ein großes Defizit, wenn 70 Prozent der Kinder, die
eigentlich hier eine Versorgung bräuchten, diese nicht erhalten.“
Die Studie bestätigt den seit Jahren beklagten Therapienotstand in
ländlichen Gebieten. Prof. Ravens-Sieberer erklärte dazu im
Interview: „Gerade auf dem Land und insbesondere in den ostdeutschen
Flächenstaaten ist die Versorgung so lückenhaft, dass dort in der
Regel zehn Wochen länger auf eine Behandlung gewartet wird als in den
Städten. Hier muss sich was tun. Es kann nicht sein, dass Kinder, je
nachdem, wo sie wohnen, besser oder schlechter oder früher oder
später versorgt werden.“
Ein weiteres alarmierendes Ergebnis der Untersuchung: Die soziale
Herkunft von psychisch kranken Kindern und Jugendlichen ist
entscheidend für den Zugang zu fachärztlicher Versorgung.
Studienleiterin Prof. Ulrike Ravens-Sieberer sagte dazu gegenüber
„Report Mainz“: „Es werden vor allem Kinder versorgt, die eine hohe
Symptombelastung haben, die relativ jung sind, und die aus Familien
kommen mit einem höheren sozialen Status, deren Mütter ein hohes
Bildungsniveau haben. Für Kinder aus Familien mit einem niedrigen
sozialen Status, eventuell sogar noch mit Migrationshintergrund, ist
es sehr unwahrscheinlich, dass sie in der Versorgung landen. Hier
haben wir ein besonderes Defizit.“
Ein Interview mit der Studienleiterin zu den wichtigsten
Ergebnissen der Untersuchung dokumentiert „Report Mainz“ auf seiner
Internetseite www.reportmainz.de (direkter Link:
http://bit.ly/QVpNlU).
Zitate gegen Quellenangabe frei. Fragen bitte an „Report Mainz“,
Tel.: 06131/929-33351.