Es ist noch nicht lange her, ziemlich genau zur
Zeit der nordrhein-westfälischen Landtagswahl, da zitterten grüne
Spitzenpolitiker vor einem Gespenst, das umging: Piraten. Mit einem
Male wirkten die Revoluzzer im Norweger-Pulli arg in die Jahre
gekommen, die Kostüme der Spitzenfrauen und die Anzüge der
Spitzenmänner waren einen Tick zu teuer und spießig geworden. Und sie
hatten regelrecht Angst, von einer ihnen unverständlichen Bewegung
aus der Welt des Internets an den Rand gedrängt zu
werden.
Jetzt sind sie wieder obenauf. Der Parteitag in
Hannover hat die Flügel versöhnt, Parteichefin Claudia Roth vor der
sozialen Vereinsamung bewahrt und kräftige sozialpolitische Signale
gesendet, die eher nach Links als in Richtung Union deuten. Alles
paletti für die Bundestagswahl.
Wäre da nicht die Schwäche
der SPD und der Einbruch ihres Kandidaten. Wäre da nicht die Stärke
der Kanzlerin. Gäbe es da nicht ein wenig Mathematik, die bei
Wahlergebnissen nicht ganz unwichtig ist: Am Ende muss es für eine
Mehrheit reichen. Und nach aller politischen Lebenserfahrung wird bei
Bundestagswahlen in der Regel mehr Schwarz als Rot
angerührt.
Es gibt nach wie vor tiefe Gräben zwischen der
ergrünten Union und den leicht ergrauten Grünen. Es fehlt an
Übereinstimmung in der Industriepolitik, bei Verkehrsprojekten, in
der Frage der europäischen Schuldenkrise, im Steuerrecht und in der
Sozialpolitik. Aber an beiden Seiten des Ufers zeichnet sich genug
Personal ab, das über diesen Graben sich die Hand reichen könnte.
Doch bis zum Wahltag darf natürlich niemand darüber sprechen.
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