Neue OZ: Kommentar zu Geisterfahrer/Verkehrssicherheit

Willkürlich und chancenlos

Es ist eine blutige, bittere Serie: Seit Anfang Oktober sind bei
Geisterfahrer-Unfällen in Deutschland so viele Menschen ums Leben
gekommen wie für gewöhnlich in einem ganzen Jahr.

So zu sterben ist furchtbar. Bei hohem Tempo dem Fehler oder,
schlimmer noch, Vorsatz eines frontal entgegenkommenden Fahrers
ausgeliefert zu sein, gehört zu den größten Schrecken am Steuer. Die
Hilflosigkeit macht sprachlos, die Heimtücke gegebenenfalls noch
mehr. Denn wenn Absicht im Spiel ist: Wie frustriert und gestört muss
ein Mensch sein, der andere ohne jeden Bezug zu seinem Leben mit in
den Tod reißt?

Ähnlich machtlos ist der Staat. Einfluss hat er jedenfalls nur auf
den ersten Blick. Zwar gibt es Möglichkeiten wie Mautschranken und
Betonschikanen, riesige Schilder und sensorgesteuerte Warnleuchten
bis hin zu Krallen, die jedem die Reifen aufschlitzen, falls er in
die falsche Richtung auf eine Autobahn fährt.

Aber nachlässige Fahrer bemerken ihren Fehler meist rasch. Schwere
Unfälle sind dann selten. Viel gefährlicher sind vollgedröhnte,
geistig verwirrte oder eben lebensmüde Menschen am Lenkrad, die kein
Warnsignal stört. Auch bauliche Mittel bleiben wirkungslos, wenn
Fahrer sie umgehen oder ihr Auto an anderer Stelle in den
Gegenverkehr lenken.

Gerade deshalb lösen Geisterfahrer einen solchen ultimativen
Schauder aus. Jeder Vorfall führt vor Augen, wie rasend schnell,
willkürlich und chancenlos das Leben enden kann – im Ernstfall auch
das eigene.

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