Jedes neunte Paar lebt in Bayern ohne
Trauschein zusammen, und es werden immer mehr. Die Ehe zwischen Mann
und Frau steht heute nur mehr für eine von mehreren Formen der
Zweisamkeit. Manche waren bis vor einer Generation noch tabuisiert,
heutzutage gelten sie als normal, zumindest aber als akzeptiert. Man
braucht aber nicht einmal als schwules oder lesbisches Paar
zusammenzuleben, um zu erfahren, dass die klassische Ehe vor dem
Gesetzgeber immer noch privilegiert ist. Gleich ob homo- oder
heterosexuell – wer keinen Trauschein vorweisen kann, blitzt bei
Behörden ab, wenn er den kranken oder abwesenden Lebensgefährten
vertreten soll. Noch demütigender ist es, wenn Ärzte im Notfall die
Auskunft über den Zustand des/ der Liebsten verweigern und sich auf
das Gesetz berufen. Bei homosexuellen Paaren soll übrigens in manchen
Krankenhäusern nicht einmal der Trauschein helfen. Ein unmöglicher
Zustand, der nicht ohne Weiteres mit einem bedruckten Stück Karton
behoben werden kann. Wie viele gesellschaftliche Entwicklungen ist
auch die Vielfalt der Lebensformen komplett von der Politik
verschlafen worden. Kein Einzelfall, wie der Streit von letzter Woche
um das Recht, seinen genetischen Vater kennenzulernen, zeigt. Wer
sich zueinander bekennt, der muss Verantwortung für den anderen
tragen können – egal, ob mit oder ohne Trauschein.
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