Köln. Die SPD-Bundestagsfraktion will es Analphabeten
erleichtern, an Bundestagswahlen teilzunehmen. Der SPD-Innenexperte
Dieter Wiefelspütz sagte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“
(Mittwoch-Ausgabe) zur Begründung eines bereits in den Bundestag
eingebrachten Antrags, es gehe um eine „schamhaft verschwiegene
Minderheit“ und fügt hinzu: „Das hat massive Auswirkungen auf die
Partizipation.“ Über die Misere müsse geredet und am besten von allen
Bundestagsparteien gemeinsam entschieden werden. Die SPD schlägt vor,
die Wahlzettel mit Symbolen der Parteien oder Fotos der Kandidaten zu
versehen – wie in Entwicklungsländern. Zudem ruft sie Parteien und
Kandidaten auf, Analphabeten verständlich zu informieren. Die
SPD-Bundestagsfraktion beziffert die Zahl der Analphabeten im engeren
Sinne mit 2,3 Millionen. Dies seien 4,5 Prozent der Erwachsenen
zwischen 18 und 64 Jahren. 300 000 von ihnen könnten noch nicht
einmal ihren Namen schreiben. Zwei Millionen weitere könnten einzelne
Wörter entziffern, aber keine ganzen Sätze. Der Geschäftsführer des
Bundesverbandes Alphabetisierung, Peter Hubertus, reagierte
zurückhaltend auf den Vorstoß. „Es ist nicht verkehrt, wenn man das
macht“, erklärte er dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. „Aber es hilft in
der Sache wenig. Denn der entscheidende Punkt ist nicht, dass man CDU
von SPD unterscheiden kann. Der entscheidende Punkt ist, wie man eine
begründete Wahl treffen kann, wenn man nicht in der Lage ist, zu
lesen und zu schreiben.“ Radio und Fernsehen seien als Quellen der
Aufklärung nicht ausreichend.
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