DER STANDARD-Kommentar: „Ideologische Leitplanken“ von Michael Völker

Es gibt nicht viele Personen in seinem beruflichen
Umfeld, denen SPÖ-Chef und Bundeskanzler Werner Faymann wirklich
vertraut. Laura Rudas gehört dazu. Die 32-Jährige managt die
Parteizentrale in der Löwelstraße und soll Faymann parteiintern den
Rücken frei halten. Offenbar tut sie das zu seiner Zufriedenheit. Sie
darf bleiben.
Günther Kräuter gehört nicht zu jenem auserwählten Kreis an
Vertrauensleuten. Er wird jetzt aus der SPÖ-Zentrale entfernt und
darf Volksanwalt werden. Kräuter war zu sehr Einzelkämpfer. Was
Faymann vermisst hat, war die langfristige, strategische Planung, die
taktische Ausrichtung. Dass die SPÖ die Volksbefragung zur
Wehrpflicht dermaßen in den Sand gesetzt hat, daran sei auch die
missglückte Kampagne schuld, für die Kräuter verantwortlich war –
oder von Faymann verantwortlich gemacht wird.
Jetzt soll Norbert Darabos ran. Es steht viel für Faymann und die SPÖ
auf dem Spiel: Platz eins bei der Nationalratswahl, die für den
September terminisiert ist. Ein Abstand zum Zweitplatzierten ist zu
halten. Im Grunde genommen ist der Fahrplan klar: Fortsetzung der
großen Koalition nach der Wahl, ein bisschen Plusminus ist noch
drinnen, eine Mandatsmehrheit muss sich halt ausgehen. Weder SPÖ noch
ÖVP wollen sich mit den Grünen einen zusätzlichen Störfaktor in der
Regierung holen, ist das Leben zu zweit schon schwer genug.
Offenbar vertraut Faymann auch Norbert Darabos. Der soll als
Parteistratege in der Löwelstraße die Wahlvorgaben umsetzen. Darabos
ist jedenfalls loyal, das hat er hinlänglich bewiesen. Er macht, was
die Partei will. Er macht sich selbst auch zum Politclown, wenn der
Parteichef das will. Darabos hatte als Minister so oft seine Meinung
wechseln müssen, dass er am Ende komplett die Glaubwürdigkeit
eingebüßt hatte. Seine Vertrauenswerte waren im Keller – nahezu
planmäßig.
Für die SPÖ war im Verteidigungsministerium ohnedies nicht viel zu
holen. Letztendlich hatte man auch das Wehrpflichtthema, mit dem als
Art Zwischenwahlkampf eine Mobilisierung der eigenen Leute versucht
wurde, grandios versenkt. Das Image von Darabos war endgültig
ramponiert, als aktiver Politiker in der ersten Reihe war er erledigt
und bereits mit einem Ablaufdatum versehen. So gesehen war Darabos
auch das schwächste Glied in der Kette der roten
Regierungsmitglieder. Daher schien es logisch, ihn dort noch vor dem
Wahlkampf zu entfernen – und ihn woanders besser einzusetzen.
Ein halbes Jahr vor der Wahl einen neuen Parteimanager einzusetzen,
der eine Linie und eine Kampagne für die Wahl im September entwerfen
soll, das erscheint in der Politik doch reichlich kurzfristig
geplant. Interne Kritiker am derzeitigen Zustand der SPÖ und ihrer
Zentrale in der Löwelstraße sagen: Besser jetzt als gar nicht.
Die große Linie der SPÖ für den Wahlkampf steht ohnedies fest:
Verteilungsgerechtigkeit – so wie die ÖVP einmal mehr den
Leistungsgedanken durchdeklinieren wird. Um diese ideologischen
Leitplanken zu befestigen, braucht es an und für sich keine
Visionäre, die sich über tiefschürfende Botschaften den Kopf
zerbrechen. Da reicht die richtige Werbeagentur, die sich die
passenden Slogans ausdenkt, die schöne Schriften, Farben und Fotos
aussucht und darauf schaut, dass im Wahlkampf ja niemand mit Inhalten
überfordert wird. Darüber wird Darabos wachen.

Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

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