neues deutschland: Frauentag: Kampf oder Blümchen?

Alles Gute zum Frauentag! Nein. Was sollte
ausgerechnet an diesem Tag besser sein für Frauen? Und warum sollte
jemand zu seinem Geschlecht beglückwünscht werden? Damit Männer
einmal im Jahr die Chance haben, so tun zu können, als ob sie sich
für die Probleme von Frauen in der Gesellschaft interessieren, von
denen sie – weil selbst nicht betroffen – keine Ahnung haben? Einen
solchen Frauentag braucht kein Mensch. 365 solidarische Kampftage für
die Gleichberechtigung, gegen Sexismus und Patriarchat – damit käme
man dem näher, was nötig ist. Klingt anstrengend und ist es auch.
Weil es für Männer hieße, sich nicht darauf zu beschränken, am 8.
März Forderungen an übergeordnete Strukturen zu richten, mit den
Kolleginnen ein Glas Sekt zu trinken und am nächsten Tag wieder von
geschlechtsspezifischer Diskriminierung unbehelligt durchs Leben zu
spazieren. Es heißt, sich zu hinterfragen: Rollenbilder, Verhalten,
Privilegierung. Es heißt den Rücken grade und den Mund aufzumachen
gegen Geschlechtsgenossen, dabei Solidarität nicht mit
Stellvertreterdenken zu verwechseln, Gleichberechtigung nicht nur zu
fordern, sondern zu leben – und oft an diesen Ansprüchen zu
scheitern. Der Frauentag könnte tatsächlich ein guter Tag werden, für
alle, die die Schnauze voll haben von den Machtverhältnissen. Mann
könnte heute mal darüber nachdenken: Gemeinsam kämpfen oder wieder
nur ein Blümchen überreichen? Und sich dann den Weg in den
Blumenladen klemmen.

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