Strafrabatt gegen Geständnis: Was vor ein paar
Jahren in den Prozessen gegen Josef Ackermann und Peter Hartz noch
die Gemüter erregte, ist in vielen Gerichten zur Praxis geworden. Um
Verfahren abzukürzen, werden Urteile immer öfter zwischen Richtern,
Staatsanwälten und Verteidigern abgesprochen. Das Urteil des
Verfassungsgerichts ist ein Warnschuss für den eigenen Berufsstand:
Wenn in den Gerichten weiter so ein Handel mit Gerechtigkeit
getrieben wird, zieht Karlsruhe die rote Karte. Gut so! Offenbar
haben viele Strafrichter ein neueres Gesetz für solche Absprachen als
Freibrief missverstanden, ohne sich an die Vorgaben zu halten.
Gedealt wird trickreich nur informell, Angeklagte werden unter Druck
gesetzt, Geständnisse nicht überprüft. Zu viele Richter verdrängen so
ihre Aufgabe des Recht-Sprechens: Ihre Pflicht bleibt es, selbst die
Wahrheit zu erforschen, statt zu akzeptieren, was Staatsanwalt oder
Verteidiger auftischen. Allerdings: Hauptgrund für die Tendenz zum
kurzen Prozess ist die Überlastung der Justiz. Wer die Missstände
beseitigen will, muss Gerichte personell besser ausstatten.
Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 – 804 6519
zentralredaktion@waz.de