Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Chodorkowski-Urteil

Die Hoffnung, dass das Putin-Regime mit dem Asyl
für den amerikanischen Whistleblower Edward Snowden ein neues Kapitel
in der Behandlung der Menschenrechte durch Moskau aufgeschlagen hat,
erfüllt sich leider nicht. Der frühere Unternehmer und Kreml-Kritiker
Michail Chodorkowski bleibt weiter in Haft. Dass er das Straflager im
nächsten Jahr zwei Monate früher verlassen darf, ist alles andere als
ein Akt der Großzügigkeit. Es dient eher der Verhöhnung des in
Ungnade gefallen früheren Ölmagnaten. Spätestens seit dem zweiten
Prozess 2010 steht für Menschenrechtler in aller Welt fest:
Chodorkowski und der mit ihm inhaftierte Platon Lebedew sind
politische Gefangene. Wie viel Angst müssen diese Männer dem
russischen Machthaber einflößen, dass er jede Kritik einfach an sich
abprallen lässt? Putins Verhalten lässt leider befürchten, dass der
Leidensweg Chodorkowskis auch in einem Jahr noch nicht zu Ende gehen
wird. Ein weiteres Verfahren und eine nochmalige Verlängerung der
Haft wären zwar ein Riesenverbrechen. Doch für seinen Machterhalt ist
der frühere KGB-Chef offenbar zu allem fähig.

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