Es ist am vergangenen Wochenende leider nicht zu der
historischen Einigung in den politischen Verhandlungen über das
Atomprogramm des Iran gekommen; die Annahme, eine solche stünde kurz
bevor, war allerdings auch von unrealistischen Hoffnungen befeuert
worden. Die Konfrontation zwischen dem Westen – hier: speziell die
USA – und Teheran dauert schon zu lange, als dass sich sie über
Nacht in Wohlgefallen auflösen könnte. Grund zum Optimismus gibt es
trotzdem: Die beiden wichtigsten Spieler am Tisch sind wie selten
zuvor in den vergangenen Jahren aufeinander angewiesen. Washington
braucht den Iran, damit der Irak nicht kollabiert, der Abzug in
Afghanistan einigermaßen kontrolliert vonstatten gehen kann und die
Lage in Syrien nicht völlig eskaliert; Teheran ist auf das Wohlwollen
der Amerikaner angewiesen, um wirtschaftlich wieder auf die Füße zu
kommen. Die knallharten Sanktionen erdrosseln das Land – die
Öleinnahmen sind eingebrochen, die Inflation steigt rasant, die
medizinische Versorgung krankt. Dass die Verhandlungen zäher
verlaufen, als es die Weltöffentlichkeit erhofft hat, hat Gründe:
Erstens steuert Irans neuer Präsident Ruhani sein Land zwar auf
einen weniger konfrontativen Kurs. Um die Hardliner in der
Islamischen Republik nicht vor den Kopf zu stoßen, darf er sich aber
nicht zu weit vorwagen, nicht zu viele Zugeständnisse machen.
Natürlich beharrt er auf der legitimen Entwicklung eines friedlichen
Atomprogramms. Zweitens sind den amerikanischen Unterhändlern die
Hände geboten. Mögliche Lockerungen der Sanktionen müssen vom
irankritischen Kongress in Washington abgesegnet werden. Dort
registriert man sehr genau das Unbehagen der beiden wichtigsten
Verbündeten in der Region: Israel misstraut den neuen Tönen aus
Teheran zutiefst. Die Hetztiraden des früheren iranischen Präsidenten
Ahmadinedschad, der dem Judenstaat das Existenzrecht absprach, haben
Spuren hinterlassen. Die mächtigen pro-israelischen Lobbygruppen in
den USA sind deswegen von der diplomatischen Annäherung wenig
begeistert. Und dann ist da noch Saudi-Arabien. Der arabische
Golfstaat befürchtet eine Aufwertung des persischen Erzfeindes.
Politisch, aber auch wirtschaftlich. Verbessert sich das Verhältnis
des Iran zum Westen, könnte das 80-Millionen-Einwohner-Land mehr denn
je die Rolle einer regionalen Ordnungsmacht einnehmen. Werden die
Sanktionen gelockert, sinken die Öl- und Gaspreise weltweit. Es gibt
also genügend Spieler, die kein Interesse an einer friedlichen
Einigung haben. Bleibt zu hoffen, dass sie verlieren.
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