Vor den grässlichen Ereignissen in der Ost-Ukraine
und der schlimmen Eskalation im Nahen Osten beherrschte Angela Merkel
die Schlagzeilen. Reden wir also einmal kurz über … die SPD. Knapp
acht Monate ist es nun her, dass sich die Sozialdemokraten nach
heftigen inneren Kämpfen entschlossen haben, nochmals den Sprung in
eine Koalition mit der CDU-Kanzlerin zu wagen. Hoch und heilig
versprach die Parteispitze damals ihrer skeptischen Basis zwei Dinge.
Erstens: Wir werden dem Regierungsbündnis eine sozialdemokratische
Handschrift geben und dafür sorgen, dass es vielen Menschen besser
geht. Zweitens: Wir haben aus den Erfahrungen der ersten Koalition
unter Merkel gelernt, werden sicherstellen, dass nicht wieder unsere
Minister im Maschinenraum schuften, während die Kanzlerin auf dem
Sonnendeck weilt und alleine die politischen Früchte der gemeinsamen
Arbeit genießen kann. Die SPD hat tatsächlich in den vergangenen
Monaten hart malocht. Sie konnte den allgemeinen Mindestlohn
durchsetzen, auch wenn der ihr unterwegs von der Union heftig
durchlöchert wurde. Sie hat für kleine Verbesserungen bei der Rente
gesorgt, auch wenn die Altersvorsorge damit noch lange nicht aus den
Klauen der Finanzmärkte befreit ist. Außenminister Frank-Walter
Steinmeier stürzt sich von einem internationalen Krisenherd auf den
nächsten. Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel müht sich, die
Energiewende halbwegs passabel zu managen. Inzwischen hat die SPD
einen gehörigen Teil ihres Pulvers verschossen. Das, was sie aus
ihrem ambitionierten Wahlprogramm in die Koalitionsvereinbarungen
retten konnte, ist bereits weitgehend abgearbeitet. Politisch
gebracht hat das den Sozialdemokraten allerdings nichts. In den
Umfragen dümpeln sie nach wie vor um die 25 Prozent herum, während
die Kanzlerin weiter auf einem Popularitätshoch schwebt. Da ist sie
wieder, die alte Rollenverteilung. Hier die Malocher im
Maschinenraum, dort die Regentin auf dem Sonnendeck. Ja, liebe
Sozialdemokraten, in der Politik ist es halt oft wie im richtigen
Leben. Nur mit malochen, malochen, malochen wird man in den
seltensten Fällen reich. Viel wichtiger für den Erfolg ist es, über
Kapital und die richtigen Freunde zu verfügen. Die aber hat nun mal
Frau Merkel. Große Teile der alten bürgerlichen Eliten stehen hinter
ihr, und medial vernetzt ist sie wie kaum jemand anders. Und während
ihr, liebe Sozialdemokraten, noch darüber sinniert, wie sich
Sachpolitik in erfolgreiche Machtpolitik ummünzen lässt, hört Frau
Merkel dem Geburtstagsständchen von devoten Journalisten zu. Die
Frau, die vor ihrer Kanzlerschaft wahrscheinlich nie ein Stadion von
innen gesehen hat, fliegt nach Brasilien, lässt sich als Maskottchen
in Fußballer-Kabinen ablichten, wird beim WM-Finale eingewechselt und
alle jubeln, als sie in der Verlängerung den Ball mit der Brust
annimmt und ihn volley ins gegnerische Tor … halt, Moment mal, war
das wirklich die Kanzlerin?
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