Es ist der erste Rücktritt im Kabinett Laschet.
Unmittelbar vor der drohenden Einberufung eines
Untersuchungsausschusses hat NRW-Agrar- und Umweltministerin
Christina Schulze Föcking aufgegeben. Ihr Abschied ließ wenig
Bewusstsein für ihre politische Verantwortung erkennen. Natürlich
kann man einen solchen Rückzug mit persönlichen Gründen erklären.
Anonyme und offene Drohungen vor allem im Internet sind eine große
Belastung, eine Plage unserer Zeit. Die Hemmschwelle zur Beleidigung
und zur Bedrohung ist so niedrig wie nie. Jeder Vollpfosten glaubt,
er dürfe sich in der Liga der grenzenlosen Respektlosigkeit alles
erlauben. Das ist die eine Seite, die Schulze Föcking so beschreibt:
„Die Aggressivität der Angriffe hat mich in eine ständige Anspannung
versetzt – und nicht nur mich: Der Preis meines politischen Amtes für
meine Familie ist zu hoch.“ Aber das reicht nicht, weil es nur ein
Teil der Gründe dieses überfälligen Rücktritts ist. Wie, sehr geehrte
Frau Ex-Ministerin, halten Sie es mit Ihrer politischen
Verantwortung? Wie mit eigenen Fehlern und ihrem desaströsen
Krisenmanagement? Glauben Sie ernsthaft, Sie kämen mit der Flucht in
die Opferrolle ungeschoren aus dieser Geschichte heraus? Richtig: Der
Vorwurf, im heimischen Mastbetrieb habe es Verstöße gegen das
Tierschutzgesetz gegeben, wurde von der Staatsanwaltschaft Münster
nicht geteilt und deshalb nicht weiter verfolgt. Das ist
rechtsstaatlich in Ordnung. Riesige Aufregung herrschte jedoch, als
Schulze Föcking im März behauptete, es habe in ihrem Privathaus einen
Hackerangriff auf ihr TV-Netzwerk gegeben. „Die Landesregierung
verurteilt die offenkundig kriminellen Eingriffe in die Privatsphäre
der Ministerin aufs Schärfste“, hieß es damals vollmundig. Und der
Regierungssprecher erklärte: „Nach Informationen der
nordrhein-westfälischen Ermittlungsbehörden hat es von bisher
unbekannter Seite Versuche gegeben, auf persönliche Daten der
Ministerin (…) zuzugreifen. Mindestens teilweise waren die Versuche
demnach auch erfolgreich.“ Es gab Solidaritätserklärungen des
Kabinetts und aller Landtagsfraktionen – ohne jeden Anlass, wie
später herausstellte. Es handelte sich lediglich um einen
Bedienungsfehler eines Familienmitglieds. Eine peinliche
Angelegenheit! Die Ministerin hatte am 18. April entsprechende
Hinweise der Ermittlungsbehörden bekommen, sie aber dem Landtag nicht
mitgeteilt und noch bei einer Sitzung eine Woche später dazu
geschwiegen. Ein solcher Umgang mit dem Parlament ist unerhört.
Gestern äußerte sich Frau Schulze Föcking zu den Vorwürfen und dem
drohenden Untersuchungsausschuss nicht. Was für ein schwacher Abgang.
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