Weit weg von „de– Leut–“ – so sehen heute viele
Bürger die Politik. Den Vertrauensverlust bekommen die Akteure zu
spüren, etwa, wenn die Bürger den einst übermächtigen Volksparteien
immer häufiger Denkzettel verpassen. Mit dem Experiment
Basisbeteiligung hat die SPD nunden Versuch unternommen,
gegenzusteuern. Die eingegangenen 40000 Vorschläge zum Thema „Was
muss in Deutschland besser werden?“ beweisen, dass auch heute nicht
nur Wutbürger mitreden wollen und Politikverdrossenheit nicht mit
generellem Desinteresse gleichgesetzt werden darf. 300 zum
Bürgerkonvent „Eingeladene“, von denen wohl gemerkt weniger als die
Hälfte SPD-Mitglieder sind, haben nun am Wochenende die Ideen
diskutiert, abgewogen und zu einer Forderungsliste zusammengefasst.
Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Wer befürchtete, dass hier
Stammtischparolen fröhliche Urstände feiern, wurde eines Besseren
belehrt. Steinbrück genoss sichtlich das Klima des Bürgerkonvents.
Der Kanzlerkandidat, dessen Name mittlerweile als Maßeinheit zwischen
zwei Fettnäpfchen verulkt wird, konnte einen Tag lang Bürgernähe
zelebrieren. Das tat ihm und seiner Partei sichtlich gut. Dass damit
die herausgefilterten elf wichtigsten Bürgeranliegen längst noch
nicht im Parteiprogramm stehen, ist auch klar. Während Forderungen
etwa nach Mindestlohn, nach mehr sozialem Wohnungsbau und
„Reichensteuer“ den Sozialdemokraten Wasser auf die Mühlen sind, darf
man auf die Verarbeitung anderer Vorschläge gespannt sein.
Bildungspolitik auf Bundesebene übertragen zu wollen, das enthält
Zündstoff! „Beflügelnd“ nannte Steinbrück den Bürgerkonvent gestern;
ein bemerkenswerter Ansatz ist er allemal. Aber er kann nur ein
Mosaiksteinchen bilden, um mit der Politik künftig „nah bei de–
Leut–“ zu sein.
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Florian Giezewski
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