Allg. Zeitung Mainz: Etwas mehr als nichts / Christoph Cuntz zu Facebook

Internet, unendliche Weiten: Wir schreiben das Jahr
2015 und sind doch viele Lichtjahre von der Zivilisation entfernt,
inmitten des dunkelsten digitalen Mittelalters. Erlaubt ist, was
gefällt: Das weltweite Netz dient als Marktplatz für abscheuliche
Kinderpornos. Und längst haben Rassisten das asoziale Netzwerk
Facebook für sich entdeckt. Hier können sie ungestraft gegen
Ausländer und Politiker hetzen. In Deutschland zumindest ist Facebook
juristisch nicht (an)greifbar. Vielmehr diktiert das amerikanische
Unternehmen seine merkwürdigen Gesetze, nach denen nackte Brüste
verboten, aber Beleidigungen erlaubt sind. Dagegen erhebt sich jetzt
in Deutschland ein Aufstand der Anständigen. Mit Bundeskanzlerin
Angela Merkel (CDU) haben sie eine Fürsprecherin gefunden, mit
Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) einen Unterhändler. Er hat sich
am Montag mit Vertretern von Facebook getroffen, fordert, dass
Facebook rassistische und beleidigende Einträge schneller löscht.
Erreicht hat er, dass Facebook die „Gegenrede“ gegen Hetze fördert
und sich der Freiwilligen Selbstkontrolle anschließt. Das ist zwar
etwas mehr als nichts, aber bei Weitem nicht ausreichend. Statt
selbst initiativ zu werden, verlangt Facebook die Initiative der
Nutzer. Und die groß angekündigte Selbstkontrolle hat noch nie
geklappt. Zu der hat sich das Unternehmen in den eigenen Statuten
längst verpflichtet. Dort heißt es: „Wir tolerieren keine Form von
Mobbing und Belästigung. (…) Jedoch entfernen wir Inhalte, mit
denen absichtlich Privatpersonen getroffen werden sollen, um diese
herabzuwürdigen oder zu beschämen“. Schöne Worte, die bei Facebook in
den unendlichen Weiten des Internets klanglos verhallt sind.

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