Allg. Zeitung Mainz: Notstand / Kommentar zum Komasaufen

100 Euro Selbstbeteiligung für Eltern jugendlicher
Komasäufer? Allein der Einsatz eines Notarztes kostet in der Regel
das Vier- bis Fünffache, und auch Polizei und Ordnungsämter arbeiten
nicht für Gotteslohn. Obwohl jeder weiß, dass übermäßiger
Alkoholgenuss gesundheitsschädlich ist, ist das Problem offenbar bei
Heranwachsenden aller gesellschaftlichen Schichten nicht in den Griff
zu bekommen. CDU-Mann Jens Spahn hat gezielt zu Aschermittwoch den
Finger in diese Wunde gelegt und den erwartbaren Aufschrei der
Gutmenschen und Notstandsverwalter provoziert. Wie zielführend ist
diese reflexhafte Empörung eigentlich? Alle Appelle an freiwillige
Einsicht scheinen nicht genug zu bewirken. Und Verkaufsverbote werden
nur dem Schwarzmarkt und damit – in letzter Konsequenz – der
Drogenmafia nutzen. Bleiben also die Eltern. Sie kommen – statistisch
– ihrer Erziehungsverantwortung nicht nach oder sind mitunter sogar
selbst schlechte Vorbilder. Und genau hier setzt der Vorschlag Spahns
an: Wo Vernunft trotz aller Aufklärung, die natürlich fortgeführt
werden muss, fehlt, müssen Sanktionen her. Denn erst beim Geld hört
auch für so manche ansonsten unbelehrbare Frohnatur der Spaß auf. Mit
mangelnder Solidarität hat das nichts zu tun. Was bitteschön ist
solidarisch daran, sich um den Verstand zu saufen und die Kosten
dafür der Allgemeinheit aufzuhalsen? Nichts. Das sieht übrigens das
Sozialgesetzbuch heute schon so. Die Klausel, der zufolge eine
Beteiligung bei vorsätzlicher Selbstschädigung eingefordert werden
kann, müsste im Zweifel konsequenter angewendet werden. Dann wäre
Spahns Vorschlag überflüssig. Falsch ist er trotzdem nicht.
Solidarität hat ihre Grenzen. Beim Thema Komasaufen sind sie
überschritten.

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