Allg. Zeitung Mainz: Zauberlehrlinge / Kommentar zur Mitgliederaktion der Jusos / Von Friedrich Roeingh

Mit zehn Euro sind Sie dabei. Werden Sie für zwei
Monate Mitglied der SPD. Lehnen Sie die große Koalition ab. Sorgen
Sie dafür, dass Deutschland international handlungsunfähig bleibt.
Bashen Sie Martin Schulz weg. Wirken Sie daran mit, dass Angela
Merkel in der Union so richtig unter Druck gerät und ihren Platz für
jemanden räumen muss, der nicht darauf vorbereitet ist. Merkel muss
weg! Mit einem geringeren Einsatz als einer Schnuppermitgliedschaft
in der SPD kann man nicht Politik machen – eine destruktive noch
dazu. Wie hoch ist der Anteil der Bürger, die ihrer Laune zur
Destabilisierung unserer Republik freien Lauf geben könnten? Die Zahl
der AfD-Wähler zum Beispiel? Ein Gutteil der Nichtwähler? Vielleicht
auch ein Teil der Unionsanhänger, die Merkel nur noch zähneknirschend
folgen? Das Szenario zeigt, wie verhängnisvoll die Idee war, die der
nordrhein-westfälische Juso-Chef Frederick Cordes in seinem Frust
über die Parteitagsmehrheit für die Aufnahme von
Koalitionsverhandlungen herausposaunt hat. Die Jusos, die zunächst so
sehr zu beeindrucken wussten, haben sich nicht nur als Politik-Eleven
entzaubert. Sie haben sich auch als Zauberlehrlinge entpuppt, die die
Geister, die sie riefen, nicht mehr selbst einfangen können. Daran
ändert auch die Relativierung des Juso-Bundesvorsitzenden Kevin
Kühnert nichts. Der Parteispitze bleibt nun nichts anderes übrig, als
den Zeitpunkt möglichst früh zu wählen, zu dem man SPD-Mitglied sein
muss, um an der Schicksalsentscheidung über die Bildung einer
schwarz-roten Bundesregierung teilnehmen zu können.

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