Pressemitteilung
Deutsche Umwelthilfe kritisiert Versuche in den Reihen der
Koalition, den Wiedereinstieg in die Atomenergie offenzuhalten –
Investitionsunsicherheit in der Energiewirtschaft würde fortdauern –
historische Chance auf einen umfassenden Energiekonsens nicht
leichtfertig verspielen – DUH-Bundesgeschäftsführer Baake vermisst
Entscheidungen zur Beschleunigung der Energiewende – Ausbau der
Erneuerbaren soll gegenüber den Plänen aus dem Herbst 2010 nicht
beschleunigt werden – „Billigmacher“ unter den Erneuerbaren werden
sogar massiv behindert
Die Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH) hat Union und FDP
eindringlich davor gewarnt, beim Atomausstieg erneut mit gezinkten
Karten zu spielen. Die Umwelt- und Verbraucherschutzorganisation
bezog sich auf die vor allem im Wirtschaftsflügel der Union geführte
Debatte über eine „Revisionsklausel“, die die Tür für einen späteren
Wiedereinstieg in die Atomkraftnutzung offen halten soll, sowie einen
Beschluss des FDP-Parteitags vom Wochenende mit gleicher
Zielrichtung.
„Diese Diskussionen sind angesichts der überwältigenden Mehrheit
für einen klaren Schnitt in der Atomdebatte nach dem Desaster von
Fukushima nicht nur skrupellos, weil sie auf die Vergesslichkeit der
Menschen setzen. Sie konterkarieren auch unmittelbar die angebliche
Absicht der Bundesregierung, nach Fukushima den im Herbst 2010
propagierten Einstieg in das regenerative Zeitalter beschleunigen zu
wollen“, sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Rainer Baake. Eine wie auch
immer im Einzelnen begründete Revisionsklausel mit der Möglichkeit
des Wiedereinstiegs in die Atomenergie verlängere die Planungs- und
Investitionsunsicherheit in der Energiewirtschaft in die Zukunft. Sie
behindere insbesondere Investitionen in Erneuerbare Energien und
provoziere geradezu den Widerstand der Atomkonzerne gegen deren
beschleunigten Ausbau.
„Wer die Revision des Atomausstiegs als Möglichkeit propagiert,
bevor er beschlossen ist, will nicht wirklich aussteigen. Er betreibt
eine Strategie der sich selbst bestätigenden Prophezeiung“, erklärte
Baake. Die Bundesregierung müsse unmissverständlich klar machen, dass
sie nicht bereit ist, „das Volk im Schulterschluss mit den
unverbesserlichen Atomkraftfreunden in den eigenen Reihen erneut
hinters Licht zu führen“. Sollten sich die Befürworter einer
Revisionsklausel durchsetzen, werde die historische Chance auf viele
Jahre vertan, nach dem Desaster von Fukushima zu einem
gesellschaftlichen Konsens über die Energiepolitik in Deutschland zu
kommen. Stattdessen würde in wenigen Jahren die Diskussion für oder
gegen einen Wiedereinstieg in die Atomenergie unweigerlich zu einer
„neuen Runde im Fundamentalkonflikt um die Atomenergie werden, so wie
wir es im Streit um die Laufzeitverlängerung gerade erst erlebt
haben“, warnte Baake.
Baake verwies in diesem Zusammenhang auf einen offensichtlichen
Widerspruch in der Ausstiegsrhetorik der Bundesregierung. Die habe in
ihrem Energiekonzept aus dem Herbst 2010 den Ausbau der Erneuerbaren
Energien auf 35 Prozent der Stromerzeugung bis 2020 vorgesehen, trotz
der damals ebenfalls beschlossenen Laufzeitverlängerung der 17
Atomkraftwerke um durchschnittlich zwölf Jahre. Nun wolle
Schwarz-Gelb angeblich die Reaktorlaufzeiten verkürzen und den
Übergang in das regenerative Zeitalter beschleunigen. In den Anfang
Mai veröffentlichten Eckpunkten für die Novelle des Erneuerbare
Energien Gesetzes (EEG) werden jedoch erneut 35 Prozent als
Ausbauziel für Strom aus Sonne, Wind und Co. als Ziel für 2020
genannt. Die Beschleunigung der Energiewende bedeutet nach den Plänen
der Regierung offenkundig den Ersatz von Atom- durch Kohlestrom bei
gegenüber dem Energiekonzept vom Herbst 2010 unveränderten Anteilen
Erneuerbarer Energien. Gleichzeitig wolle die Regierung die
Bedingungen ausgerechnet für den Ausbau der Onshore-Windenergie und
für Photovoltaik-Freiflächenanlagen verschlechtern, die beide die
preisgünstigsten Varianten der Wind- bzw. Sonnenenergie seien.
Baake: „Die angeblich angestrebte Beschleunigung der Energiewende
schlägt sich in den bisher bekannten konkreten Plänen nicht nieder.
Im Gegenteil, die Bundesregierung erschwert den Ausbau der
Billigmacher unter den Erneuerbaren. Angela Merkel und Norbert
Röttgen müssen diesen offensichtlichen Widerspruch umgehend klären
und die Diskussion in den eigenen Reihen über Hintertüren beim
Atomausstieg ohne Wenn und Aber beenden“.
Pressekontakt:
Rainer Baake, Bundesgeschäftsführer Deutsche Umwelthilfe, Hackescher
Markt 4, 10178 Berlin; Mobil: 0151 55016943, Tel.: 030 2400867-0,
E-Mail: baake@duh.de
Dr. Gerd Rosenkranz, Leiter Politik und Presse, Hackescher Markt 4,
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