Es ist eine Mischung aus Trauer und Wut, die die
Bürger in Russlands Region Krasnodar aufwühlt. Bei der
Flutkatastrophe wären Menschenleben zu retten gewesen, wenn die
Behörden rechtzeitig Alarm geschlagen hätten. Zeit genug war, nur
blieben Lautsprecher und Sirenen stumm. Das ist die bittere
Erkenntnis wenige Tage nachdem die tödliche Naturgewalt über die
Nordostküste des Schwarzen Meeres hereingebrochen ist und eines
schonungslos offengelegt hat: das katastrophale Krisenmanagement der
russischen Regierung. Die Flut von Krasnodar reiht sich ein in eine
alljährliche Serie von todbringenden Unglücken – die
Schiffskatastrophe auf der Wolga vor einem Jahr, die verheerenden
Wald- und Torfbrände vor zwei Jahren. Immer wieder wirkt Moskau
überfordert, wenn es darum geht, in seinem Riesenreich den Überblick
zu behalten und in Notfallsituationen die richtigen Hebel in Bewegung
zu setzen. Das ist auch der zentralistischen Organisation geschuldet
und der Machtbündelung im Kreml. Die Gouverneure in den Provinzen,
meist eingesetzt von Putins Gnaden, kämpfen vor Ort mit schlechter
Ausrüstung und der ständigen Bedrohung, für Fehler einstehen zu
müssen, die sie selbst gar nicht zu verantworten haben. Die
Regionalpolitiker dienen als Bauernopfer, wenn das Versagen des
Staates unübersehbar ist. Das ist ein denkbar schlechtes Klima für
das Treffen von verantwortungsbewussten Entscheidungen, die im
Ernstfall Leben retten. Erschwerend hinzu kommt Russlands
Selbstverständnis. Das Land zeigt sich nach außen als Weltmacht und
kämpft im Inneren mit den Problemen eines Entwicklungslandes. Wieder
einmal verzichtet Moskau auf Hilfe aus dem Ausland. „Wir sind stark“,
lautet das Signal. Doch in der Bevölkerung machen sich zunehmend
Zweifel breit. Es sind auch solche Katastrophen, die das Volk
zusammenrücken lassen und dafür sorgen, dass die Proteste in Russland
immer lauter werden.
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Klaus Gaßner
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