Das riecht nach einer Sensation, nach einem
Durchbruch für Datenschutz und Bürgerrechte: die
Vorratsdatenspeicherung von Telefon- und Internetdaten verstoße gegen
EU-Grundrechte, erklärte jetzt der unabhängige Generalanwalt am
Europäischen Gerichtshof (EuGH). Schon jubeln die Kritiker und
hoffen, dass die große Koalition nun darauf verzichtet, die
EU-Vorgabe in Deutschland umzusetzen. Aber man sollte nicht nur die
Überschrift lesen. Was der EuGH-Generalanwalt in seinem Gutachten
beanstandet, ist in Deutschland längst erfüllt oder leicht zu
berücksichtigen. Ein Beispiel: In der EU-Richtlinie heißt es, die
Daten dürften maximal zwei Jahre lang gespeichert werden. Der
Generalanwalt hält jedoch eine Obergrenze von nur einem Jahr für
ausreichend. Für Deutschland hat das keine Bedeutung, weil die Daten
ohnehin nur sechs Monate lang gespeichert werden sollen. Inhaltlich
ist das Gutachten eine Enttäuschung. Kein Wort davon, dass auch eine
sechsmonatige anlasslose Speicherung von Telefon- und Internetdaten
schon im Ansatz unverhältnismäßig ist. Das Gutachten stellt an
keinem Punkt die vorsorgliche Massenüberwachung der Bevölkerung
grundsätzlich in Frage. Falls der EuGH in einigen Monaten dem
Gutachten folgt, können die Sicherheitspolitiker gut damit leben.
Die Vorratsdaten-Richtlinie soll sogar bis zur Neuregelung
fortgelten, selbst wenn sie vom EuGH für rechtswidrig erklärt wird.
So kann kein Rechtsfrieden entstehen.
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