BERLINER MORGENPOST: Das Tier als Ware – Leitartikel von Jürgen Polzin zum Küken-Urteil

Wirtschaftliche Interessen der Geflügelwirtschaft
waren bislang einer dieser „vernünftigen Gründe“ dafür, dass jedes
Jahr in Deutschland 45 Millionen männliche Küken in Brutbetrieben
getötet werden. Das Bundesverwaltungsgericht hat nun dem Tierschutz
mehr Gewicht gegeben, das Tierwohl höher gestellt als die
wirtschaftlichen Interessen der Brutbetriebe.

Doch weil die tierschutzwidrige Praxis jahrzehntelang hingenommen
wurde, bleibt das Kükentöten erlaubt, bis eine Technik zur
Geschlechtsbestimmung zur Verfügung steht. Tierschutz stärken,
Kükentöten erlauben – dieses Urteil ist nicht leicht zu verstehen.

Das maschinelle Töten männlicher Küken ist Teil des Systems, in
dem man Tiere nicht mehr als Lebewesen sieht und behandelt, sondern
als Produktionsware. Seit Jahren gibt es bereits die Forderung,
Alternativen zum Kükentöten zu finden.

Wir Verbraucher leben zugleich im Widerspruch. Wir schreiben den
Tierschutz ins Grundgesetz und nehmen die Massentötung von Küken hin,
weil Fleisch und Eier womöglich teurer würden.

Das millionenfache Töten von Küken zum Zwecke der
Gewinnmaximierung muss so schnell wie möglich beendet werden. So
haben es Regierungskoalitionen versprochen. Aus Angst, Stammwähler zu
vergrätzen, wurde Tierleid in Kauf genommen. Das ist eklatantes
Politikversagen.

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