Die Zeiten, in denen Homosexuelle hierzulande von
Rechts wegen verfolgt wurden, sind lange vorbei. Zum Glück. Seit gut
einer Dekade können Schwule und Lesben vor den Traualtar treten und
eine Lebenspartnerschaft eintragen lassen. Doch gleichgestellt ist
die Homo-Ehe nicht, denn das Ehegattensplitting gilt bislang nur für
traditionelle Paare. Vor allem die Union sträubt sich gegen eine
völlige Gleichstellung. Doch selbst im konservativen Lager gibt es
jetzt Bewegung. So drängt eine Gruppe von Unionsabgeordneten – mit
Schützenhilfe von Familienministerin Kristina Schröder – auf die
steuerliche Gleichbehandlung der Homo-Ehe. Zu Recht. Die Gegner
halten die Idee für absurd. Sie verweisen darauf, dass die Ehe die
Keimzelle der Familie sei und das Ehegattensplitting somit in erster
Linie eine Familienförderung darstelle, die Homosexuellen nicht
zustehe. Schließlich fordere das Grundgesetz für „Ehe und Familie“
einen besonderen Schutz. Wer aber alles gleich fördere, fördere in
Wahrheit nichts. Doch diese Position wird angesichts des
gesellschaftlichen Wandels nicht zu halten sein. Immer mehr Ehepaare
bleiben heute – vielfach gewollt – kinderlos und profitieren dennoch
vom Ehegattensplitting. Das Gleiche gilt für Eltern, deren Kinder
längst aus dem Haus sind. Die gemeinsame steuerliche Veranlagung ist
denn auch keineswegs eine familienpolitische Förderung. Vielmehr
spiegelt das Splitting die Tatsache wider, dass der Fiskus die Ehe zu
Recht als langfristig angelegte Wirtschaftseinheit betrachtet.
Schließlich übernehmen die Partner auf Dauer gemeinsam Verantwortung
und stehen etwa bei Krankheit oder Arbeitslosigkeit füreinander ein.
Diese Pflichten übernehmen aber auch gleichgeschlechtliche Partner,
wenn sie sich eintragen lassen. Dann aber stehen ihnen auch die
gleichen Rechte zu. Die Besteuerung hat sich am Einkommen des Paares
zu orientieren – und nicht an der sexuellen Neigung der Partner.
Notfalls wird das Bundesverfassungsgericht eine solche
Gesetzesänderung erzwingen. Denn das höchste deutsche Gericht hat
etwa beim Beamtenrecht schon mehrfach in diesem Sinne geurteilt.
Ohnehin ist das Steuerrecht der falsche Platz,
gesellschaftspolitische Leitbilder vorzugeben. Der Fiskus muss sich
kühl und verlässlich am Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit
orientieren. Die Furcht der Konservativen in der Union, an dieser
Stelle erneut Profil zu verlieren, ist unbegründet. Es sind nicht die
relativ wenigen verpartnerten Homosexuellen, die das Institut der
traditionellen Ehe gefährden. Der Angriff kommt vielmehr von der
wachsenden Schar derjenigen Politiker, die das Ehegattensplitting
grundsätzlich infrage stellen. Denn wenn der Fiskus künftig jeden
einzeln veranlagte, nähme er den Paaren die Freiheit, selbst über die
Aufteilung der Familien- und Erwerbsarbeit zu entscheiden. Wie in
Skandinavien wäre die doppelte Vollberufstätigkeit dann für die
meisten Eheleute wirtschaftlich ein Zwang. Das sollte die Union, wenn
sie sich auf den Schutz von Ehe und Familie beruft, verhindern.
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