Überdrüssig ist man der Hinweise oder Unkereien, es
werde ja doch nichts mit dem Start des neuen Flughafens BER im
Herbst. Die neuen Informationen aus der Flughafengesellschaft haben
jedoch eine neue Qualität. Das von der Geschäftsleitung in Auftrag
gegebene Kapazitätsgutachten ist der erste offizielle Beleg für
massive Schwierigkeiten nach einer Eröffnung. Weil Kapazitäten für
Check-in und Sicherheitskontrollen knapp geplant und zu wenige
Gepäckbänder eingebaut wurden, müssen die Manager eine
Spitzenleistung abliefern, wenn sie die Berlin-Passagiere zu
Stoßzeiten ohne Dauerchaos durch das neue Terminal schleusen wollen.
Die Berliner dachten, sie bekommen für die vier oder sogar fünf
Milliarden Euro Steuergeld einen Flughafen mit exzellentem Service
und Wachstumspotenzial. Aber der Erfolg des Luftverkehrs von und nach
Berlin hat die Planer überrollt. Manager und Aufsichtsräte des
Flughafens haben es unterlassen, ihre veralteten Planungen der
Realität anzupassen und dafür lieber fachkundige Mahner verspottet.
Dabei wurde das Projekt ja durchaus verändert. Das Shoppingcenter
wuchs, um mehr Geld verdienen zu können. Zusätzliche Flugsteige
kamen. Mehr Platz erhielt auch die Sicherheitskontrolle, als sich
Vorschriften veränderten.
Nur das System, um das es im Kern bei einem Terminal geht,
Check-ins und Gepäckbänder, wuchs nicht wirklich mit. Der
Flaschenhals der ganzen Planung ist der einzige Zugang, durch den
alle Passagiere hindurchmüssen. Daran würden auch zusätzliche Bauten
jenseits des Rollfelds nichts ändern. Dort können zwar mehr Jets
andocken. Aber erstens sind diese Satelliten nicht mit dem Terminal
verbunden. Die Passagiere müssten entweder zu Fuß oder in einem
teuren Tunnel dorthin gelangen. Zweitens bieten sie keine eigenen
Check-ins und Gepäckausgaben. Der Notstand im Hauptterminal würde
durch ihre zusätzlichen Flugkapazitäten eher noch verschärft. Nicht
umsonst haben größere Flughäfen mehrere, eigenständige Terminals.
Kurzfristig muss sich der Flughafen behelfen, indem er Leute in
Warteschlangen rigoros dorthin schiebt, wo gerade ein Meterchen Platz
ist. Aber ohne eine Erweiterung des Terminals für mehr
Check-in-Schalter, Sicherheitskontrollspuren und Gepäckbänder wird es
nicht gehen. Dummerweise ist der Entwurf jedoch nicht darauf
ausgelegt, modular in die Breite ergänzt zu werden. Wo das ginge,
steht ein Parkhaus.
Als Ausweg bleibt kurzfristig nur, den alten Terminal Schönefeld
offen zu lassen für die Billigflieger. Den Easyjet-Passagieren dürfte
der mangelnde Komfort egal sein, solange der Preis stimmt. Die
Premium-Airlines könnten auf dem gewonnenen Platz ihren besser
zahlenden Kunden mehr Service bieten. Die Flughafen-Manager und
Aufsichtsräte würden Zeit gewinnen, um Erweiterungen am BER zu planen
und zu finanzieren. Die Dinge einfach laufen zu lassen, ist keine
Option. Es macht wenig Sinn, einen Flughafen zu eröffnen, der aus
allen Nähten platzt. Schließlich soll der BER ein Wachstumsmotor für
die Stadt werden.
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