Natürlich war das miserable Abschneiden der
Parteifreunde in Bremen in der Berliner CDU-Zentrale schon länger
„eingepreist“. Weil es als Naturgesetz gilt, dass die
Christdemokraten in dieser SPD-Bastion keinen Blumentopf gewinnen.
Und tatsächlich wäre es falsch, allein aus Bremen allerlei
Erkenntnisse darüber ableiten zu wollen, welche strategischen
Umstellungen die CDU nun vornehmen muss. Doch es ist ja nicht nur
Bremen. Denn dieser sogenannte Sonderfall wird für die CDU langsam
zur Regel, und das ist das eigentliche Problem. Baden-Württembergs
CDU-Generalsekretär Thomas Strobl kann ein Lied davon singen. Das
Ländle, wie wir seit der letzten Landtagswahl wissen, tickt nun also
auch anders, der Osten ja sowieso und die Großstädte mit ihren
heterogenen Milieus allen voran. Strobl (pikanterweise der
Schwiegersohn des Ex-CDU-Bundesvorsitzenden Wolfgang Schäuble) hat
deshalb recht, wenn er fordert, jetzt nicht einfach zur Tagesordnung
überzugehen. Was also tun? Ran an das grüne Neubürgertum? Wie
gefährlich es ist, sich inhaltlich zu sehr den Grünen anzupassen, hat
das Beispiel Hamburg gezeigt. Dort begann der beispiellose Absturz
der CDU, als sie die Grünen nicht mehr als Gegner behandelte, sondern
in ihrem Anpassungswahn an den kleinen Koalitionspartner so weit
ging, dass sogar Kernanliegen wie das differenzierte Schulsystem zur
Disposition gestellt wurden. Dazu kam nach Ole von Beusts abruptem
Abgang ein aus dem Hut gezauberter Spitzenkandidat, der das Gegenteil
jener bürgerlichen Liberalität verkörperte, die die Stadt ja
tatsächlich prägt. Auch der Machtverlust der CDU in Baden-Württemberg
hatte, vorsichtig formuliert, durchaus mit dem wenig überzeugenden
Spitzenpersonal zu tun und nicht nur mit Fukushima oder dem
Stuttgarter Bahnhof. Natürlich ist es eine Binse, dass Parteien
zunächst mal ein überzeugendes Personalangebot machen müssen, wenn
sie reüssieren wollen. Aber die Personalisierung von Politik hat eine
neue Dimension erreicht, die spätestens an der Guttenberg-Euphorie
sichtbar wurde. Wer wie in Bremen eine völlig unbekannte Kandidatin
aufstellt, deren Namen selbst führende Parteifreunde bis zuletzt
nicht fehlerfrei aufsagen konnten, der kann es gleich ganz sein
lassen. Auch Identifikationsfiguren mit hohen Beliebtheitswerten
brauchen aber Botschaften und ein Programm, für das sie stehen. Daran
mangelt es derzeit bei der Bundes-CDU und ihrer Vorsitzenden Angela
Merkel, und das kann auch Folgen haben für den nächsten
Großstadtwahlkampf in Berlin. Es mag strategisch ja richtig sein, die
in Deutschland so unbeliebten Kernkraftwerke abzustellen und den
Grünen ein Thema zu nehmen. Wenn das aber in einem derart
atemberaubenden Schweinsgalopp geschieht, nachdem Wochen zuvor eine
Laufzeitverlängerung beschlossen wurde, dann riskiert man den
Eindruck, nicht mehr verlässlich zu sein. Auch darunter haben die
CDU-Wahlkämpfer jetzt zu leiden. Nicht Fragen von links oder rechts
sind das Entscheidende. Was die CDU in den Großstädten wie auf dem
Land benötigt, sind überzeugende Personen, die glaubwürdig für klar
ausformulierte Positionen eintreten und den politischen Gegner
stellen, statt ihn zu kopieren.
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