BERLINER MORGENPOST: Leitartikel / Transparenz ist gar nicht so einfach

Noch ist es unter Verschluss, das Gutachten des
Umweltbundesamtes (UBA) zum Fluglärm und zu den Flugrouten am
künftigen Hauptstadtflughafen BER in Schönefeld. Das UBA wollte seine
Expertise eigentlich am Dienstag vorstellen, doch überraschend und
ganz kurzfristig wurde der Termin am Abend zuvor abgesagt.
Offensichtlich auf Druck von Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer
(CSU), der das allerdings offiziell dementiert. Im Ministerium heißt
es, man habe noch Gesprächsbedarf, aber selbstverständlich wolle man
die Umweltexperten nicht an einer Veröffentlichung ihres Gutachtens
hindern. Das wollen wir auch hoffen. Denn auch wenn das Gutachten nur
eine Empfehlung ohne bindenden Charakter ist, so haben die Berliner
und Brandenburger doch einen Anspruch darauf zu erfahren, was diese
Bundesbehörde zu den Flugrouten sagt. Eine Behörde, die qua Amt mehr
auf die Gesundheit der von den Flugrouten Betroffenen als auf die
Wirtschaftlichkeit eines Airports achtet. In den vergangenen Tagen
sind ja schon einige Punkte bekannt geworden – die Ramsauer offenbar
aber so sehr aufgeschreckt haben, dass das UBA die Pressekonferenz
absagen musste. Dabei sind doch einige Positionen des Amtes zu
Fluglärm seit Langem bekannt. Beispiel Nachtflugverbot: Der Präsident
des Umweltbundesamts, Jochen Flasbarth, hat sich vor rund einem
halben Jahr im Gespräch mit dieser Zeitung für ein solches Verbot in
der Zeit von 22 bis 6 Uhr ausgesprochen. Am Flughafen BER, aber auch
generell bei allen Flughäfen. Diese Forderung findet sich nun auch in
dem Gutachten wieder – als Empfehlung aus gesundheitlichen Gründen.
Natürlich weiß auch Flasbarth, dass ein solches Verbot in Berlin
nicht realisiert wird, denn erst kürzlich hatte das
Bundesverwaltungsgericht letztinstanzlich entschieden, dass am BER
nur in der Zeit von 0 bis 5 Uhr absolute Ruhe herrschen muss. Deshalb
hätte man die Veröffentlichung des Gutachtens also nicht absagen
müssen. Von größtem Interesse für die Berliner und Brandenburger sind
dagegen die Empfehlungen zu den künftigen Flugrouten. Wenn es
zutrifft, dass das UBA rät, die Flüge über den Wannsee einzuschränken
und die Müggelseeregion gar nicht zu überfliegen, dann wäre das für
die Menschen, die dort leben, ein sehr großer Fortschritt. Auch wenn
gleichzeitig wohl andere Orte wie Zeuthen oder Erkner stärker
belastet würden. Dass muss man stets bedenken: Die Verlegung von
Flugrouten hat in jedem Fall Auswirkungen auf andere Regionen, denn
ab 3. Juni wird nun einmal vom BER aus geflogen – und dort gelandet
auch. Ende des Monats wird eine andere Bundesbehörde, das
Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung, endgültig die Flugrouten
vorlegen. Deshalb ist es wichtig, dass jetzt rasch Transparenz
geschaffen wird. Es mag manchem Politiker vielleicht nicht gefallen,
dass dann wieder laut und heftig über die Routen gestritten wird und
das Thema die Schlagzeilen beherrscht. Aber Ramsauer, die Politiker
in Berlin und Brandenburg müssen sich dieser schwierigen Diskussion
stellen. Das gehört zur Transparenz dazu.

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