Kaum zu glauben. Aber ein kleines Berliner
Flughafen-Wunder gibt es tatsächlich zu vermelden. Wer hätte gedacht,
dass der gute alte Airport Tegel den Massenansturm während der
Sommersaison so schadlos abwickelt! Verantwortlich dafür ist
allerdings nicht der vermeintliche Macher und Flughafenchef Hartmut
Mehdorn, sondern der Leiter des Flughafenbetriebs Elmar Kleinert. Das
ist die derzeit einzig positive Nachricht rund um BER. Denn wirkliche
Fortschritte waren auch in der gestrigen Aufsichtsratssitzung nicht
zu erwarten. Mehdorns Drängen auf eine Mini-Eröffnung für täglich
maximal zehn Billig- Flüge irgendwann in der ersten Jahreshälfte 2014
täuscht Fortschritt nur vor. Dennoch tut sich der Aufsichtsrat mit
einer Ablehnung schwer, weil der Manager mit Rücktritt gedroht haben
soll, falls ihm die Testphase am Nordpier der Großbaustelle BER
verweigert wird. Das hätte den Bauherren aus Berlin, Brandenburg und
dem Bund gerade noch gefehlt: Der ebenso selbstbewusste wie
unabhängige Mehdorn schmeißt hin, und die Fahndung nach einem neuen
Flughafenchef beginnt von vorn. Auch Mehdorn war ja nur eine
Notlösung, weil sich kein anderer auf das Abenteuer Schönefeld
einlassen wollte. Von der Sache her überzeugt die Erprobung eines
internationalen Großflughafens auf Grundlage eines Dorfflugplatzes
ebenfalls nicht. Höchst zweifelhaft, ob ein Test mit täglich einigen
Hundert Passagieren die Komplexität der Gesamtanlage auch nur
ansatzweise widerspiegeln kann. Zumal an Mehdorns „Flughäfchen“
Abfertigungsschalter und Gepäckbänder erst noch installiert werden
müssen. Vor allem ob der generell als neuralgisch geltende
Koffertransport in dem eigentlich als Wartehalle konzipierten
Nordpier als Test für die Großanlage taugt, ist fraglich. Sicher ist
dagegen, dass Mehdorns Spielplatz weitere Millionen verschlingen
würde: für Umbauten, Investitionen und zusätzliche
Sicherheitsmaßnahmen für dann wieder drei Berliner Flughäfen. Und
geradezu grotesk ist Mehdorns Argument, mit der „Eröffnung light“
könnten sich die Mitarbeiter schon mal an den neuen BER gewöhnen.
Welches andere Unternehmen leistet sich Probeumzüge für seine
Mitarbeiter? Dass die Steuerzahler alles finanzieren, scheint Mehdorn
angesichts der ohnehin explodierten Kosten kaum noch zu
interessieren. Die nähern sich über die bestätigten 4,3 Milliarden
Euro bedenklich nah fünf Milliarden. Außer neuen Kosten und markigen
Worten hat Mehdorn nach einem halben Jahr wenig Konkretes
vorzuweisen. Er muss aufpassen, dass er nicht tatsächlich zu einem
Luftikus wird, zu dem ihn eine Zeitung bereits erkor. Gefährlich
viele andere Ungewissheiten bleiben: Wer wird Matthias Platzeck im
Vorsitz des Aufsichtsrats folgen? Wie wird der Machtkampf zwischen
Technikchef Horst Amann und Mehdorn gelöst? Wann funktioniert die
Brandschutzanlage? Ganz zu schweigen vom Termin, an dem BER endlich
ist, was er längst sein sollte: Berlins Tor zur Welt und Jobmaschine.
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