Bei allem Respekt für die Ambitionen des
Verteidigungsministers, anstelle des behäbigen Bundesheeres endlich
ein flexibles Berufsheer auf die Beine zu stellen: Aber jetzt ist
eine Aussprache samt Entschuldigung fällig – und zwar nicht nur in
irgendeinem verschwiegenen Hinterzimmer der Roßauer Kaserne, dem
Amtssitz von Norbert Darabos, sondern in aller Öffentlichkeit. Denn
was der Sozialdemokrat mit seinem Generalstabschef Edmund Entacher,
einem Verfechter der Wehrpflicht, seit Jahresbeginn aufgeführt hat,
gleicht einem höchst unwürdigen Spektakel: Weil der oberste Militär
aus dem eigenen, roten Stall Zweifel an den Plänen seines
reformgetriebenen Vorgesetzten angemeldet hatte, schoss ihn Darabos
kurzerhand ab – und zwar unter wilden Schlachtrufen und
Beifallsgeheul der Krone. Sogar der Oberbefehlshaber des Heeres, der
Bundespräsident, machte zu dem handstreichartigen Vorgehen grimmige
Miene, doch Darabos ging unter dem Hinweis „Vertrauensverlust“
unbeirrt zur Tagesordnung über. Der seiner Partei stets ergebenst
dienende Minister hatte allerdings nicht mit den ungewöhnlichen
Steherqualitäten des Generals gerechnet: Entacher focht
Darabosx{2588} Absetzungsbescheid an und hat nun prompt recht
bekommen. Doch bis es so weit war, tat Darabos noch einiges, um
seinen einst höchsten, dann demontierten Beamten das Leben weiterhin
schwerzumachen. Fast sieben Monate lang ließ sich der Heeresminister
Zeit, um Entacher seinen „Vertrauensverlust“ in einem Konvolut
darzulegen – Darabos selbst hat die gesetzliche Frist für die
Rechtfertigung seines Vorgehens überschritten. Damit nicht genug,
arbeitet der SPÖ-Mann angesichts der Rückkehr Entachers auf seinen
alten Posten schon an einer Entmachtung seines Generalstabs, damit
der rehabilitierte Staatsdiener ihm ja nicht noch einmal in die Quere
kommt. Hat der Minister mit alledem nicht endgültig jegliches
Vertrauen in seine Amtsführung ruiniert? An seinen eigenen Rücktritt
denkt der von Kanzler und Krone gestützte Darabos offenbar noch immer
nicht, obwohl dies in jedem anderen mitteleuropäischen Land wohl
längst das Gebot der Stunde wäre. Denn Darabos hat schon ganz anderes
überstanden. Mit ihm als Wahlkampfleiter eroberte die SPÖ mit dem
Slogan „Mit Alfred Gusenbauer wird es keine Eurofighter geben!“ den
Kanzler zurück. Danach nahm Darabos als Verteidigungsminister
fünfzehn von achtzehn bestellten Abfangjägern in Empfang. Um kein
weiteres Versprechen verlegen, beteuerte er, wegen der Einsparungen –
weniger Stück, dafür bescheiden ausgerüstet – in Bildung zu
investieren. Der Ausgang auch dieses Gelöbnisses ist bekannt. Ebenso
wie Darabosx{2588} jähe Kehrtwendung in Sachen Wehrpflicht. Kann
man von so einem politischen Verantwortungsträger erwarten, dass er
wegen eines für ihn blamablen Bescheids den Rückzug antritt? Oder
sich in aller Form entschuldigt? Wohl kaum. Die schlimmste Demütigung
hat sich Darabos jedoch selbst zugefügt. Tag um Tag muss er ab heute
mit jenem Beamten zusammenarbeiten, den er wegen angeblichen
„Vertrauensverlusts“ für alle Zeiten aus seinen Augen verbannen
wollte. Willkür eines Ministers hat aber keinen Platz in dieser
Republik. Dank des Falls En_tacher ist zumindest das für alle
gewissenhaften Beamten geklärt.
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