DER STANDARD-KOMMENTAR „Frankie goes to Parliament“ von Walter Müller

Psychologisch betrachtet, ergibt das alles durchaus
einen Sinn: Frank Stronach, der Handwerker aus dem Dorf
Kleinsemmering bei Weiz, zog in den 1950er-Jahren in die weite Welt,
legte in einer Garagenautowerkstatt in Kanada den Grundstein für
seinen späteren Weltkonzern Ma_gna und kehrte dann auf seine alten
Tage zurück in seine Heimat – um hier allen zu zeigen, was aus dem
kleinen steirischen Buam geworden ist und welch große Dinge zu
schaffen er in der Lage ist. Wenn er will, kann er mit seinem vielen
Geld heute sogar eine eigene Partei gründen und einen Bundeskanzler
machen.
Hinter diesen großspurigen Plänen, die der Milliardär in der Tat
wälzt, mag auch ein Motiv der Gekränktheit liegen. Stronach hat sich
in Österreich von der führenden Elite nie wirklich akzeptiert
gefühlt. Man wollte zwar sein Geld für Betriebsansiedelungen, nicht
aber seinen Rat. Er wähnt sich bis heute nicht so geschätzt, wie er
es als großer Arbeitgeber verdient hätte.
Stronach probierte es mit Freizeitinvestitionen, mit Fußballklubs,
aber alles blieb überschaubar erfolgreich, niemand klopfte ihm auf
die Schulter. Zuletzt versuchte er es mit wissenschaftlichem
Sponsoring, mit der Finanzierung eigener Uni-Institute. Die Resonanz,
so wie er sich es wünschte, brachte ihm aber auch das nicht ein.
Seit Monaten werkt er jetzt an der Gründung seiner eigenen Partei,
andere Projekte werden dafür heruntergefahren. Geld ist abgeschafft,
es ist das letzte große Investment des 80 Jahre alten Milliardärs. Er
werde weit mehr Finanzmittel in einen Wahlkampf stecken als SPÖ, ÖVP
und FPÖ zusammen, heißt es. Ob seine Rechnung, sein Wunsch in
Österreich endlich ein Faktor zu werden, aufgeht, ist aber ungewiss.
Politikwissenschafter und Meinungsforscher geben Stronach gegenwärtig
kaum eine Chance, da der Partei das Notwendigste fehle: ein
zugkräftiges, eigenständiges Thema und eine Persönlichkeit, die die
Partei führe. Der ins Spiel gebrachte Ex-Magna-Chef und jetzt in
Diensten des Oligarchen Deripaska stehende Siegfried Wolf mag als
Manager erfolgreich sein, dies sei aber nicht automatisch auf die
Politik, die ihre eigenen Regeln hat, umlegbar.
Momentan braucht sich noch keine Partei wirklich zu fürchten. Er hat
noch kein Zielpublikum. Mit seinen EU-kritischen Ansagen, seiner
Ablehnung des ESM-Schutzschirmes begibt sich Stronach auf
FPÖ-Terrain, die FPÖ besetzt dieses Thema aber erfolgreich. Damit
vergrämt er wiederum genau jene Klientel, die er mit seinen in den
Anfängen wirtschaftsliberalen Tönen geködert hatte. Stronach macht
mit seinen wirtschaftspolitischen Bocksprüngen, einmal liberal, dann
wieder rechts-chauvinistisch – einen politisch noch konfusen
Eindruck. Entsprechend gibt ihm Politikwissenschafter Fritz Plasser
momentan nicht einmal vier Prozent.
Das kann sich alles ändern.
Frank Stronach hat die finanzielle Potenz, sich den Erfolg zu
erkaufen und kann eine für österreichische Verhältnisse mächtige
PR-Maschinerie anlaufen lassen. Und es ist nicht auszuschließen, dass
Boulvardmedien wie die Kronen Zeitung und Österreich – neben den
millionenschweren Insertionen – auch Gefallen an Stronach finden. Bei
Hans-Peter Martin hat es immerhin funktioniert.
Auch wenn sich Stronach jetzt noch ein politisches Chaos de luxe
leistet und allerhand politisch Wirres ausprobiert: Die Parteien
sollten gewarnt sein und sich strategisch wappnen.

Rückfragehinweis:
Der Standard
Tel.: (01) 531 70 DW 445

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