Wer das Auftreten von Landes- und Bundespolitikern im
Gefolge der Salzburger und sonstigen Finanzaffären in diesen Tagen
beobachtet, muss deren Lernfähigkeit in Zweifel ziehen. Es geht nicht
um die Frage, welche Konsequenzen gezogen werden müssen, um künftig
Millionenverluste auf Kosten der Steuerzahler zu verhindern. Sondern
darum, welche Partei sich in Wahlkampfzeiten besser positioniert und
wie das föderale Macht- und Verteilungssystem verteidigt werden kann.
Die ÖVP-Landeshauptleute und -minister bildeten sogar optisch eine
schwarze Front und scharten sich um ihren Parteiobmann Michael
Spindel_egger – um gemeinsam ein Spekulationsverbot in der Verfassung
abzuwehren. Die SPÖ-Landespolitiker wiederum wandelten auf den von
ihrem Chef Werner Faymann vorgegebenen Spuren und fordern genau das.
Mit Boulevard-geschultem Instinkt hatte Faymann erkannt, dass nach
dem Salzburger Debakel nur die Flucht nach vorne hilft. Dem roten
Länderblock schloss sich der um populistische Vorstöße nie verlegene
Kärntner Landeshauptmann und FPK-Politiker Gerhard Dörfler an.
Dass es am Freitag nun hieß, es soll sowohl eine Verfassungs- als
auch eine sogenannte 15a-Vereinbarung geben, zeigt: Keine Partei will
als Verlierer dastehen. Was die sinnvollste Lösung ist, um solche
Finanzdesaster zu verhindern, wird erst gar nicht ernsthaft
diskutiert. Geeint rücken die Landesvertreter – egal welcher Partei –
zur Verteidigung des Föderalismus aus: Mehr Kontrolle durch den Bund?
Nicht mit uns! Wo kämen wir denn hin? Die Finanzautonomie der
Bundesländer muss verteidigt werden!
Macht braucht Kontrolle – gerade wenn es sich um Geld der
Steuerzahler handelt. Einfacher wären Kontrollen, wenn nicht jedes
Bundesland separat geprüft werden müsste. Vieles spricht dafür, dass
Derivativ- und Swap-Geschäfte nur noch über die
Bundesfinanzierungsagentur gemacht werden dürfen und nicht jedes
einzelne Bundesland diese Geschäfte abschließt. Dazu braucht es viel
Fachwissen, über das nicht jede Landesregierung verfügt. Ob die
Salzburger Beamtin tatsächlich fahrlässig gehandelt hat oder nicht
kompetent genug gewesen ist, Risiken dieser Veranlagungsprodukte
einzuschätzen, werden Ermittlungen zeigen. Kontrollsysteme haben
jedenfalls versagt.
Das trifft nicht nur auf Salzburg zu. Hinter riskanten Geschäften
der Hypo Alpe Adria steckten häufig Kärntner Politiker, die sich die
Bank zur Finanzierung ihrer Interessen hielten. Was wäre
Steuerzahlern erspart geblieben, wenn Kärntner Banker Sicherheiten
verlangt hätten, statt sich auf Haftungsversprechen des damaligen
Landeshauptmanns Jörg Haider zu verlassen.
Fragwürdige Finanzdeals wurden ebenso im ÖVP-regierten
Niederösterreich abgeschlossen. Auch dort wurden Wohnbaudarlehen
versilbert und auf dem Kapitalmarkt angelegt. Fragen der
Öffentlichkeit werden ausweichend bis gar nicht beantwortet, das für
die Deals geschaffene Firmengeflecht ist ein dichter Dschungel. Wegen
des Verdachts der Untreue aufgrund von Zahlungen ans Land gab es
jüngst bei der Hypo Niederösterreich Razzien an 27 Standorten. Auch
in Tirol brauchte die Hypo im Vorjahr eine Millionenspritze der
Steuerzahler.
Aus diesen Fällen müssen Lehren gezogen werden: mehr Transparenz,
mehr Kontrolle, mehr Zentralisierung. Auch wenn das in Konsequenz
weniger Macht für die Landesfürsten bedeutet.
Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445
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