DER STANDARD-Kommentar „Renaissance der Landesfürsten“ von Walter Müller

Oberösterreichs Landeshauptmann Josef Pühringer, ein
gx{2588}standener, gewiefter Regionalpolitiker, schwärmte nach den
mitunter lauten „Stabipakt“-Verhandlungen im Grazer Landhaus von
einem „Paradigmenwechsel“, von einer „Wende“ in der österreichischen
Finanzpolitik. Erstmals werde wirklich ernsthaft versucht, die
Schulden des Landes in den Griff zu bekommen. Mit dem nun
akkordierten Stabilitätspakt zwingen sich Bund und Länder
gegenseitig, Schulden abzubauen und bis 2016 gesamtstaatlich ein
Nulldefizit zu erwirtschaften. Natürlich muss relativierend
eingeschoben werden, dass wieder ein österreichtypischer „Wasch mir
den Pelz, aber mach mich nicht nass“-Kompromiss rauskam, dass
wattierte Notausgänge eingebaut wurden, damit er niemandem wirklich
wehtut. Aber es ist zu vermerken, dass sich in den Ländern etwas
gerührt hat, dass ernste Versuche, Politik zu machen, erkennbar sind.

Der rasende Stillstand in der Bundespolitik macht ja bescheiden.
Die Landeshauptleute hatten das Zepter in die Hand genommen und
stellten in den Verhandlungen mit Finanzministerin Maria Fekter bald
klar, wo der Bartl den Most holt. Mit großer Gegenwehr von
Bundesseite war ohnehin nicht zu rechnen. Das Führungsduo der
rot-schwarzen Regierung ist zurzeit einfach zu schwach, um den
Landesgranden etwas diktieren zu können.
Bei der Präsentation des Paktes sah die sonst als brüllende
Politlöwin gefürchtete Maria Fekter jedenfalls einigermaßen zerzaust
aus. Die Ministerin, die anfangs noch grimmig versucht hatte, die
Länder per Diktum zum Schuldenabbau zu vergattern, musste
schlussendlich zusehen, wie ihre Vorgaben zerbröselt und
zurechtgeschnipselt wurden, um sie für die Länder leichter verdaulich
zu machen.
Die Länder nahmen im Gegenzug den Bund in den Schwitzkasten. Wenn
künftig etwa die versprochenen Zahlungen aus neuen, erhofften
Einnahmenquellen – Finanztransaktionssteuer, „Schwarzgeldsteuer“ –
nicht im angekündigten Ausmaß in die Länder fließen, ist der Pakt
automatisch hinfällig. Aber auch, wenn sich im Bereich der Pflege-,
Gesundheits- und Spitalsfinanzierung etwas Gravierendes ändert.
Ursprünglich wollte der Bund Budgetsünder in den Ländern bestrafen,
jetzt können umgekehrt auch alle Länder den Bund, sollte er seine
Budgetziele nicht erreichen, zu Strafzahlungen verdonnern.
Wie wenig die Regierungspolitiker, die ja allesamt von ihren
jeweiligen Landesparteien bestellt werden, zu melden haben, zeigte
sich auch beim Reizthema „Transparenz“. Die vom Bund vorgelegten
Richtlinien wurden nicht einmal ignoriert. Die Parteien_finanzierung
in den Ländern bleibt – mit löblichen Ausnahmen wie Salzburg oder
Vorarlberg, die strenge Regelungen vorlegten – bis auf weiteres unter
der Tuchent. Ein unhaltbarer Zustand. Dennoch:_Die Landeshauptleute
haben offensichtlich erkannt, dass sie handeln müssen. Der Verlust
des Triple-A und die Unberechenbarkeit der Finanzmärkte machen auch
den Ländern schwer zu schaffen. Die Landeshauptleute sind ja – mit
den Bürgermeistern – die Ersten, die bei wirtschaftlichen Einbrüchen
die Wut der Bürger direkt zu spüren bekommen.
Davon wusste zuletzt auch der beim „Stabipakt“ etwas verwirrt
wirkende Kärntner Landeshauptmann Gerhard Dörfler in einem
Standard-Interview trefflich zu berichten: „Die Menschen kotzt es
regelrecht an, ständig unsere Gesichter sehen zu müssen.“

Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

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