Die Ratingagenturen sitzen der Regierung im Nacken,
da schadet es nicht, ein wenig Aktivität zu demonstrieren. Keine
Frage, Verwaltungsreformen sind dafür eine vernünftige Gelegenheit.
Seit Jahren gefordert, kann man durch sie Geld einsparen. Die
Polizeireform, bei der aus 31 Polizeibehörden nur noch eine pro
Bundesland werden soll, ist da ein durchaus vernünftiger Schritt.
Die derzeit drei Verwaltungsebenen Sicherheitsdirektionen,
Landespolizeikommanden und Bundespolizeidirektionen sind ja nicht
gottgegeben. Die Sicherheitsdirektionen wurden unter dem
austrofaschistischen System eingeführt, um direkteren Zugriff auf die
Polizei zu haben – vor allem im „roten Wien“. Und dass unter Ernst
Strasser plötzlich Landespolizeikommanden entstanden, hat auch recht
pragmatische Gründe: Die SPÖ verweigerte die notwendige Zustimmung
für eine Gesamtreform, mit dieser Lösung sparte sich Schwarz-Blau die
notwendige Verfassungsänderung. Dass es dabei um eine Umfärbung der
Exekutive und neue Posten für Parteigänger ging, ist natürlich ein
haltloses Gerücht.
Grundsätzlich ist es also gar keine schlechte Idee, diese
Strukturen wieder zu bereinigen. Doch die Art, wie dabei vorgegangen
wird, erscheint seltsam.
Sich in einer streng geheimen Arbeitsgruppe etwas auszuschnapsen
und die betroffenen Behördenchefs dann eineinhalb Stunden vor der
öffentlichen Präsentation zu informieren ist die erste Seltsamkeit.
Die Regierungsspitze will natürlich ihre Macherqualitäten zeigen.
Aber die SP Oberösterreich hat recht, wenn sie eine breitere
Diskussion fordert.
Denn natürlich kann man argumentieren, dass es bedenklich ist,
wenn plötzlich alles in einer Hand ist. Das derzeitige System beruht
darauf, dass es eine Behörde gibt, die den Polizisten sagt, was sie
machen sollen – oder sie stoppen kann. Gibt es nur mehr
Landespolizeidirektionen, verwaltet sich die Polizei plötzlich
selbst. Und dass die Politiker nur mehr bei einer einzigen Stelle
intervenieren – pardon, Anregungen geben – müssen, ist auch nicht
außer Acht zu lassen.
Versprochen wird, dass sich in die Detailverhandlungen bis zum
Sommer jeder einbringen kann. An der Sache wird aber nicht mehr
gerüttelt.
Noch seltsamer als der Entscheidungsfindungsprozess ist ein
zweiter Punkt. SPÖ_und ÖVP_argumentieren die Notwendigkeit der
Polizeireform – wie erwähnt übrigens die Reform der vorangegangenen
Reform, in Wien gar die Reform der Reform der Reform – mit der
„Schuldenbremse“. Acht bis zehn Millionen Euro soll die Polizei
weniger kosten, wenn 400 Positionen auf der Führungsebene wegfallen,
hofft Innenministerin Mikl-Leitner. Nur: Die Finanzministerin wird
das Geld nicht für Hochschulen oder Kreditrückzahlungen verwenden
können. Denn Mikl-Leitner verkündete stolz, dass die Summe wieder in
die Polizei gesteckt wird. Wo der Spareffekt sein soll, bleibt offen.
Die dritte Seltsamkeit ist die SPÖ. Deren Reformverhandler Josef
Ostermayer argumentiert nun, es sei der logische Schlussstein unter
Strassers begonnenen Änderungen. Änderungen, die vom
SPÖ-Oppositionsführer Alfred Gusenbauer damals „vehement abgelehnt“
wurden. Entweder hat die Sozialdemokratie damals aus schnöder
Parteipolitik gegen das Staatswohl opponiert. Oder sie
vervollständigt nun eine verfehlte Reform. Beide Varianten sind kein
Ruhmesblatt.
Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445
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