Frühkindliche Bindungsstörungen

Stiftung Ein Platz für Kinder über psychische Folgen für
betroffene Kinder

Neun Monate freuen sich Mutter und Vater auf ihr Baby. Dann ist es da. So süß,
so klein, so zerbrechlich. Aber auch herausfordernd. Die meisten Eltern klagen
über Schlafmangel. Es ist ein Kraftakt zwischen Windeln und Babyfläschchen. So
ist es nachvollziehbar, dass der Wunsch entsteht, wieder durchzuschlafen und das
Kind einfach schreien zu lassen. Keine gute Idee, wie Fachleute wissen:
Neugeborene und Säuglinge sind physisch und psychologisch auf elterliche
Fürsorge angewiesen.

Wie agiert ein Säugling?

Schreie ich, kommen Mama oder Papa. Sie helfen mir, denn ich habe Hunger,
Bauchschmerzen oder Durst.– Im Umkehrschluss bedeutet dies, auch wenn ich mein
Notsignal sende, bin ich alleine. Keiner kümmert sich. Wenn sich Eltern in
diesen Momenten keine Zeit für ihr Kind neh-men, handelt es sich um
Vernachlässigung. Schon dieser Mangel an Zuwendung, Liebe und Geborgenheit ist
für die weitere Entwicklung des Kindes äußerst belastend, denn die Bindung
zwischen Eltern und Kind ist für ein Baby wie die Luft zum Atmen. Sie sichert
das Überleben und die Entwicklung des Säuglings. Ist die Zuwendung nicht
ausreichend, entstehen frühkindliche Bindungsstörungen.

Bindung ist für die Entwicklung des Kindes von großer Bedeutung

Rückhalt und emotionale Nähe sind die Basis für eine gute Eltern-Kind-Beziehung.
Fehlt diese entstehen Bindungsstörungen. Doch was bedeutet Bindungsstörung für
konkret? Im Kindergarten fallen sie durch ihr ängstliches, unsicheres und
übervorsichtiges Verhalten auf. Die Jungen und Mädchen verfügen nicht über die
Fähigkeit, soziale Kontakte aufzubauen. Das oft apathische Verhalten kann auch
durch Zuwendung nicht verändert werden. Andererseits suchen diese Kinder wahllos
Aufmerksamkeit. Es kommt in vielen Fällen zu Angststörungen oder Depressionen.
Kinder mit frühkindlichen Bindungsstörungen sind für Eltern oftmals schwer zu
ertragen. Eine Spirale aus Versagensängsten, Wut, Verzweiflung und Aufgeben
beginnt sich zu drehen.

Die Folgen von Bindungsstörungen

Das schwer zu diagnostizierendem Krankheitsbild führt oftmals zu einer
Inobhutnahme durch das Jugendamt. Doch auch Pflegeeltern oder andere
Einrichtungen sind in der Regel mit den besonderen Bedürfnissen dieser Kinder
überfordert. Wenn das Kind Glück hat, kommt es in eine der Mattisburgen der
Stiftung Ein Platz für Kinder. Hier kennen sich die Therapeuten mit den
Symptomen frühkindlicher Bindungsstörungen aus. Ziel der diagnostischen
Einrichtungen ist es, das Verhalten der Kinder zu lesen und zu analysieren. „Bei
Bindungsstörungen ist das ein reiner Beobachtungsprozess“, weiß Stifterin
Johanna Ruoff. „Kein Kind kann von durchgeweinten Nächten im Säuglingsalter
berichten, von mangelnder Zuwendung oder emotionaler Vernachlässigung. In
unseren Mattisburgen erkennen wir dieses Störungsbild. Und dann kann dem Kind
gezielt geholfen werden,“ so die engagierte Kinderschützerin weiter.

Bindungsstörungen heilen

Rund ein Prozent aller Mädchen und Jungen in Deutschland sind von frühkindlichen
Bindungsstörungen betroffen. Je nach Ausmaß der Störung ist eine ambu-lante,
teilstationäre oder auch Vollstationäre Behandlung notwendig. Am Anfang steht
jedoch die richtige Diagnose. „Leider werden die vielen Symptome dieses
Störungsbildes nicht oder falsch interpretiert“, weiß Johanna Ruoff aus dem
Alltag der Mattisburgen zu berichten. „Dies hat zur Folge, dass die Kinder viele
Stationen – von der Pflegefamilie, über pädagogische Wohngruppen, bis hin zur
Psychiatrie – durchlaufen. Am Anfang steht die richtige Diagnose. Dann kann in
Abhängigkeit von Art und Stärke der Bindungsstörung ambulant, teilstationär oder
auch vollstationär therapiert werden, denn Therapie ist einzige Weg, aus diesem
Kreislauf auszubrechen. Es geht darum, korrigierende Erfahrungen zu machen. Das
Kind muss nachholen, was es im Säuglings- bzw. Kleinkindalter nicht lernen
durfte. Dazu gehören das Wahrnehmen und Anerkennen der eigenen Gefühle, das
angstfreie Zulassen von Nähe und der Aufbau von Vertrauen in die eigenen Stärken
und die des Partners. Ein Prozess, der sich über Jahre hinzieht und alle
Beteiligten, betroffene Kinder, Eltern, Pflegeeltern oder Adoptifamilien aufs
Äußerste fordern.

Pressekontakt:
Britta Wilkens
Stiftung „Ein Platz für Kinder“
Grindelhof 25
20146 Hamburg
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