Es ist kein Skandal, der wie ein Blitz aus heiterem
Himmel kommt; eher einer mit Ansage. Denn das System der Organspende
ist seit jeher anfällig für Manipulationen. Patientenschützer wie
Eugen Brysch von der Deutschen Hospiz-Stiftung rügen es schon länger
und fordern mehr Transparenz von den privatwirtschaftlich
organisierten Stiftungen in Deutschland und den Niederlanden, über
die das offizielle Geschäft mit Organspenden in Teilen Europas
abgewickelt wird. Ob eine staatliche Stelle dies wirklich besser
könnte, sei einmal dahingestellt. Aber öffentliche Kontrolle tut auf
jeden Fall Not. Doch dass nun im Göttinger Fall die kriminelle
Energie nicht bei den Organspendeorganisationen, sondern offenbar bei
einem behandelnden Arzt lag, wirft ein neues Licht auf das ohnehin
umstrittene Thema. Galt die Angst vieler Patienten bislang eher der
Gefahr, durch eine fehlende Patientenverfügung, sorglose Angehörige
oder geschäftstüchtige Klinikbetreiber unfreiwillig zum Organspender
zu werden, so rückt nun die Befürchtung in den Fokus, dass sich
Patienten mit praller Geldbörse ein Spenderorgan kaufen können –
während weniger Betuchte, die aber womöglich viel schwerer erkrankt
sind, auf der Warteliste nach hinten rutschen. Und dass es offenbar
Mediziner gibt, die – ungeachtet ihres hippokratischen Eides – mit
frisierten Patientendaten dieses vielleicht sogar tödliche Geschacher
mitmachen. Wohlgemerkt: Der Skandal, so er sich denn wirklich als
solcher bewahrheitet, hat sich nicht an einer rein auf
Gewinnmaximierung getrimmten dubiosen Privatklinik im schönen
Oberbayern oder gar in einer der berüchtigten Heilanstalten im
ehemaligen Ostblock abgespielt, sondern in einem von Steuergeldern
finanzierten, bislang renommierten deutschen Universitätskrankenhaus.
Wie weit ist es mit dem Gesundheitswesen gekommen, wenn selbst dort
Ärzte derart ihr Berufsethos in den Wind schlagen? Der Debatte um die
– dringend nötigen – Organspenden hat der Göttinger Fall jedenfalls
einen Bärendienst erwiesen. Alle Beteiligten müssen nun rasch dafür
sorgen, dass verlorenes Vertrauen zurückgewonnen wird. Sonst haben
noch mehr genau jene darunter zu leiden, die es am wenigsten verdient
haben: Schwerstkranke, die sehnsüchtig auf eine Niere, Leber oder
Lunge warten.
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Fuldaer Zeitung
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