Der SPD-Außenpolitiker Karsten Voigt fordert
nach den Militärschlägen des Westens in Syrien ein abgestimmtes
Vorgehen in Europa. Voigt, der bis 2010 Koordinator der
Bundesregierung für deutsch-amerikanische Zusammenarbeit war, sagte
der „Heilbronner Stimme“ (Montag): Europa muss eine gemeinsame
Syrienstrategie entwickeln. Wir brauchen Frieden in der Region. Ich
erhoffe von der zweiten Syrienkonferenz in Brüssel, dass sich die
EU-Außenminister unter dem Eindruck der aktuellen Ereignisse auf eine
gemeinsame Erklärung verständigen.“ Unter dem gemeinsamen Vorsitz der
EU und der VN findet die zweite Konferenz zur Unterstützung der
Zukunft Syriens und der Region am 24. und 25. April in Brüssel statt.
Die Rolle von US-Präsident Donald Trump beurteilt Voigt kritisch:
„Den Präsidenten leiten fast ausschließlich innenpolitische Motive.
Seine Berater haben dann zu einer Entscheidung geführt, die das
Risiko einer direkten Konfrontation mit Russland minimieren: Russland
wurde offenkundig vorher über den Einsatz informiert und russische
Militärbasen in Syrien wurden von den USA, Frankreich und
Großbritannien nicht angegriffen. Die Gefahr einer militärischen
Konfrontation mit Russland scheint damit vorerst gebannt. Aber die
Frage nach einer politischen Strategie zur Beendigung des
Syrien-Konfliktes stellt sich heute noch dringender als vor dem
Militäreinsatz.“
Karsten Voigt weiter: „Dass sich in diesem Fall ein mäßigender
Einfluss von Trumps Beratern durchgesetzt hat, bedeutet leider nicht,
dass wir uns für die Zukunft entspannt zurücklehnen können: Aufgrund
seiner verfassungsmäßigen Kompetenz entscheidet letztlich der
amerikanische Präsident: Und Trump bleibt ein außenpolitisches
Risiko. Meine Sorge in Bezug auf seine künftigen Entscheidungen sind
nicht geschwunden.“
Voigt fügte hinzu: „Trump hat mehrfach umfangreiche militärische
Schläge in Syrien angekündigt, und das auch noch unverantwortlich per
Twitter. Aber seinen außenpolitischen und militärischen Beratern ist
es gelungen, ihn zu korrigieren. Die im Vergleich zu Trumps
Ankündigungen militärisch und zeitlich wesentlich begrenztere
Intensität des Einsatzes zeigt, dass Trumps Berater vernünftiger sind
als der Präsident selbst.“
Der US-Experte sieht auf beiden Seiten des Atlantiks große
Unterschiede in den Sichtweisen. Voigt: „Wenn man die US-Medien in
den letzten Tagen verfolgt hat, dann ist eindeutig, dass Trumps
Twitter-Verhalten und seine Drohgebärden in alle Richtungen primär
von innenpolitischen Aspekten beeinflusst werden. In Deutschland
stand nahezu ausschließlich die Frage im Vordergrund, ob und wie die
USA in Syrien intervenieren, in den Vereinigten Staaten wird der
Präsident von seinen Wählern vor allem aufgrund von innenpolitischen
Kontroversen und Trumps persönlichen Affären beurteilt.“
Eine deutsche Beteiligung an dem Militäreinsatz habe im übrigen
international nie zur Debatte gestanden. Voigt: „Keiner unserer
Partner hat ernsthaft verlangt, dass wir uns an einem Militärschlag
beteiligen. Die Feststellung der Kanzlerin und des Außenministers,
dass Deutschland sich nicht an einem Militär-Einsatz in Syrien
beteiligen werde, hat innenpolitisch beruhigend auf die Debatte
gewirkt. Das beurteile ich positiv. Aber außenpolitisch war sie nicht
erforderlich: Denn sie stellte nur klar, was keiner unserer Partner
bezweifelt hatte.“
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