Auch nach dem Friedensschluss mit der Guerillaorganisation FARC
bleibt für die Zivilbevölkerung in vielen Regionen das tägliche Leben
bedroht. Denn Kolumbien gehört weiterhin zu den am stärksten
verminten Ländern der Welt. Die explosiven Kriegsreste, die verborgen
in Feldern, Ruinen oder auf Schulwegen liegen, töten und verletzen zu
90 Prozent Zivilist/-innen. Landwirtschaft, Handel und das
alltägliche Leben sind dadurch stark eingeschränkt. Oft trifft es
Kinder wie den heute dreizehnjährigen Jemerson aus Corinto. Ein
Blindgänger riss ihm eine Hand ab – da war er zehn Jahre alt. Um das
weitläufige Land wieder sicher zu machen, arbeiten Dutzende
Minenräum-Trupps, um in mühevoller Kleinarbeit die explosiven
Überreste zu finden und unschädlich zu machen. Sie werden noch viele
Jahre tätig sein müssen.
Jemerson hatte im Mai 2015 auf dem Weg zu einem Nachbarn ein
Metallteil gefunden. Es sah fast aus wie ein Ball. Als er es aufhob,
explodierte der Blindgänger und riss ihm die linke Hand ab. Jemerson
musste viele Operationen überstehen und kämpft bis heute mit den
psychischen Folgen des Unfalls. Die Hilfsorganisationen Handicap
International und Tierra de Paz unterstützen den Jungen seitdem mit
Rehabilitations-Maßnahmen und psychologischer Hilfe. Um derartige
Unfälle zu verhindern, sind in Kolumbien Dutzende Minenräum-Teams im
Einsatz. Sie erheben und werten Daten aus, erstellen Landkarten,
markieren Gefahrenstellen, fertigen genaue Dokumentationen an und
zerstören Sprengkörper. In unwegsamem Gelände müssen die
Expert/-innen oftmals auf den Knien die Erde untersuchen – Meter für
Meter. Erst nach der Arbeit der Teams können die Gemeinden die
entminten Gebiete der Bevölkerung zurückgeben.
Angst begleitet die Entminungs-Teams
Johana ist Leiterin eines sechsköpfigen Entminungs-Teams. „Wir
starteten im vergangenen Juli mit einem Gebiet in einem Stadtbezirk
von Cajibo (Cauca). Dort haben wir, entlang des Panamerikanischen
Highways, ein 411 Quadratmeter großes Feld von Sprengsätzen befreit.
Die Arbeit dort war sehr mühsam, kompliziert und zeitaufwendig, da
die Straße sehr laut und das Gebiet mit Metall verschmutzt ist. Daher
konnten wir in diesem Fall keine Metalldetektoren verwenden. Sie
würden die Sprengsätze nicht erkennen und wir würden das ertönende
Signal nicht hören. Daher musste das Team die Grasflächen kurz
schneiden und manuell in der Erde entlang des Felds sondieren.“ Angst
verspüre sie dabei immer, berichtet Johana weiter. Das Wichtigste
sei, die Sicherheitsregeln zu befolgen und den Vorgang Schritt für
Schritt durchzuführen. „Man muss sich die Zeit nehmen und darf nicht
hetzen“, bekräftigt die 26-Jährige.
Räumung der Minen wird noch Jahrzehnte dauern
„Explosive Kriegsreste verhindern nach dem Krieg die sichere
Rückkehr der Bevölkerung in ihr Zuhause“, erklärt Eva Maria Fischer,
Leiterin der politischen Abteilung von Handicap International. „In
Kolumbien sind 31 von 32 Departamentos vermint. Wir sind mit mehreren
Räumungs-Teams im Einsatz, doch es wird auch nach dem Friedensschluss
noch Jahrzehnte dauern, bis alle explosiven Kriegsreste beseitigt
sind“, so Fischer weiter. Die Expert/-innen von Handicap
International veranstalten darüber hinaus Programme zur
Gefahrenaufklärung über Minen und Blindgänger, um vor allem Kinder,
die in den betroffenen Gebieten leben müssen, im Umgang mit der
Gefahr zu schulen und somit die Zahl der Opfer zu verringern.
Handicap International
Zur Organisation: Handicap International ist eine unabhängige
gemeinnützige Organisation, die bei Armut und sozialer Ausgrenzung,
bei Konflikten und Katastrophen interveniert. Sie unterstützt
Menschen mit Behinderung und andere besonders schutzbedürftige
Menschen, damit ihre grundlegenden Bedürfnisse gedeckt werden, sich
ihre Lebensbedingungen verbessern und ihre Grundrechte besser
respektiert werden. Insgesamt ist die Organisation in ca. 60 Ländern
aktiv. Handicap International ist eines der sechs Gründungsmitglieder
der Internationalen Kampagne zum Verbot von Landminen (ICBL), die
1997 den Friedensnobelpreis erhalten hat, und aktives Mitglied der
internationalen Koalition gegen Streubomben (CMC).
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