Deutsche Umwelthilfe fordert in KWKG-Novelle klare
Anreize für „virtuelle Kraftwerke“ auf Basis kleiner, stromgeführter
Blockheizkraftwerke -Tausende über eine Leittechnik vernetzte
Mini-Kraftwerke können ohne langwierige Genehmigungsverfahren und
aufwändigen Leitungsbau er-richtet werden – Beitrag zum Ausgleich des
Rückgangs konventioneller Kraftwerksleistung in Süddeutschland
Die derzeit vorbereitete Novelle des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes
(KWKG) eröffnet neue Möglichkeiten, die Flexibilisierung des
konventionellen Kraftwerksparks voranzubringen. Gut regelbare
Kraftwerke, die be-sonders schnell auf eine schwankende Nachfrage und
volatile Stromeinspeisung aus Wind- und Sonnenenergie reagieren
können, werden im Rahmen der Energiewende dringend benötigt. Darauf
hat die Deutsche Umwelthilfe e.V. (DUH) hingewiesen und die
Regierungskoalition aufgefordert, die Chance zu nutzen und im
anstehenden Gesetzgebungsverfahren entsprechende Korrekturen
vorzunehmen.
Konkret fordert die DUH, das Gesetz so auszugestalten, dass die
Markteinführung kleiner, gasbetriebener Blockheizkraftwerke (BHKW),
die zusammen ein „virtuelles Großkraftwerk“ bilden, im KWKG effektiv
gefördert wird. Die einzelnen BHKW-Einheiten versorgen dabei auf
Basis der Kraft-Wärme-Kopplung gleichzeitig Gebäude mit Wärme und das
lokale Stromnetz mit elektrischer Energie. Im Konzept des „virtuellen
Großkraftwerks“ wird der Einsatz vieler kleiner Kraftwerkseinheiten
über eine Leittechnik zentral gesteuert. Angeschlossene Wärmespeicher
sorgen dafür, dass die Erzeugung von Strom und Wärme weitgehend
entkoppelt werden kann. So bestimmt nicht mehr der Wärmebedarf, wann
die KWK-Anlage anspringt, sondern der Strombedarf. Strom wird exakt
dann erzeugt, wenn er wegen der täglichen Bedarfsspitzen oder einer
Windflaute gebraucht wird.
„Wir sind überzeugt, dass virtuelle Kraftwerke auf Basis vieler
kleiner, stromgeführter KWK-Anlagen einen wesentlichen Beitrag
liefern können für die notwendige Flexibilisierung unseres
Kraftwerksparks. Derzeit kann das Konzept helfen, insbesondere in
Süddeutschland den beschleunigten Zubau erneuerbarer
Stromerzeugungskapazitäten aus Sonne und Wind zu ergänzen“, sagte
DUH-Bundesgeschäftsführer Rainer Baake. Die Anlagen seien nicht nur
in der Lage, sehr schnell auf Lastschwankungen zu reagieren. Sie
könnten auch zügig und ohne langwierige Genehmigungsverfahren „in
jeden Keller eines Mehrfamilien- oder Bürohauses eingebaut werden“.
Die Leiterin Klimaschutz und Energiewende der DUH, Cornelia Ziehm,
kritisierte, dass die Bundesregierung in ihrer vor Weihnachten im
Kabinett verabschiedeten Gesetzesnovelle, zwar erstmals die Förderung
von Wärmespeichern möglich gemacht habe, dabei aber ausgerechnet das
Konzept der virtuellen Kraftwerke unberücksichtigt geblieben sei.
Ziehm: „Kraft-Wärme-Kopplung war bisher eine Methode zur
hocheffizienten Erzeugung von Strom und Wärme. Jetzt kann sie darüber
hinaus ein wichtiger Baustein bei der Flexibilisierung des
konventionellen Kraftwerksparks werden und so die Energiewende
befeuern. Das haben leider noch nicht alle in der Bundesregierung
verstanden“. Ziehm rief die Koalitionsfraktionen und die Länder im
Rahmen der Verhandlungen im Bundesrat auf, im weiteren
Gesetzgebungsverfahren entsprechende Korrekturen des Förderrahmens
vorzunehmen.
Das Konzept virtueller Kraftwerke hat in den vergangenen Jahren
unter anderem der Hamburger Ökostromhändler Lichtblick gemeinsam mit
dem Volkswagen-Konzern unter dem Namen „SchwarmStrom-Konzept“ bekannt
gemacht und begonnen zu realisieren. Tausende so genannter
„ZuhauseKraftwerke“ – Blockheizkraftwerke auf Basis von VW-Motoren
mit nachgeschaltetem Wärmespeicher – sollen zusammengeschaltet werden
und gezielt dann Strom liefern, wenn der Strom im Netz rar und teuer
ist. Gut 20.000 der ZuhauseKraftwerke, jedes mit einer elektrischen
Leistung von 19 kW, ergeben beispielsweise eine mit einem großen
Gaskraftwerksblock der heute üblichen 400-Megawatt-Klasse
vergleichbare Leistung. Vorteil der dezentralen Erzeugung: Große
Stromtrassen werden nicht benötigt, Widerstand von Bürgern ist nicht
zu erwarten und die Mini-BHKW können noch schneller gestartet und
abgeschaltet werden als ein modernes Gaskraftwerk.
Die DUH hält es für wünschenswert, dass das Konzept virtueller
Kraftwerke bei der Umsetzung der Energiewende eine wesentliche Rolle
spielt. „Ob sich das Konzept durchsetzt und es andere Hersteller von
Blockheizkraftwerken übernehmen, hängt jetzt davon ab, ob die
KWK-Novelle ausreichende Anreize zur Markteinführung setzt“, erklärte
Ziehm. Das kürzlich von der Bundesregierung, unabhängig von der
KWKG-Novelle, neu aufgelegte Programm zur Förderung von
Mini-KWK-Anlagen sei ein Schritt in die richtige Richtung, reiche
aber zur Etablierung virtueller Kraftwerke der vorgeschlagenen Größe
nicht aus. Es gehe „nicht um eine Dauersubvention, sondern um einen
befristeten KWK-Aufschlag zur Markteinführung, der sich auf den
Stromrechnungen praktisch nicht bemerkbar machen würde“.
Nach Berechnungen der DUH ergibt sich insbesondere in
Süddeutschland bis zur Abschaltung der letzten Atomkraftwerke Ende
2022 nach heutigem Kenntnisstand eine Reduzierung konventioneller
Kraftwerkskapazitäten von etwa 8.000 Megawatt (Details siehe Anhang).
Ausgeglichen werde der Rückgang einerseits durch den weiteren zügigen
Zubau Erneuerbarer Energien und von Pumpspeicherkraftwerken zur
Sicherung der Netzstabilität. Andererseits werden nach Überzeugung
der DUH auch der effizientere Einsatz von Energie und die Steuerung
des Stromverbrauchs in der Industrie und in Grenzen in den privaten
Haushalten eine zunehmende Rolle spielen. Spätestens nach 2020
rechnet Baake damit, dass zudem größere Windstrommengen über
Stromautobahnen aus dem Norden nach Süddeutschland geleitet werden.
„Ein Risiko liegt in dem zu erwartenden Kapazitätsrückgang bei
konventionellen Kraftwerken nur, wenn wir gar nichts tun. Auf der
anderen Seite wartet ein ganzes Bündel von Chancen nur darauf,
ergriffen zu werden“, erklärte der DUH-Bundesgeschäftsführer. Eine
davon sei die Errichtung virtueller Kraftwerke. Da wegen unsicherer
Renditeerwartungen derzeit Investoren in große Gaskraftwerke kaum in
Sicht seien, liege es nahe „mit einer entsprechenden Ausgestaltung
der KWKG-Novelle einen wichtigen Schritt in Richtung Flexibilisierung
unseres Kraftwerksparks zu gehen“. Der Vorteil sei auch, dass es hier
ein klares Interesse aus der Industrie gebe, das Konzept umzusetzen.
Mehr Informationen und Hintergründe zum Thema finden Sie unter:
http://www.duh.de/pressemitteilung.html?&tx_ttnews[tt_news]=2772
Pressekontakt:
Rainer Baake, Bundesgeschäftsführer, Hackescher Markt 4,
10178 Berlin, Tel.: 030 2400867-0; Mobil: 0151 55016943;
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Dr. Cornelia Ziehm, Leiterin Klimaschutz und Energiewende, Hackescher
Markt 4, 10178 Berlin; Mobil: 0160 94182496;
Tel.: 030 2400867-0, E-Mail: ziehm@duh.de
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