Die staatlichen Zuschüsse an die
Landtagsfraktionen der Parteien sind in mehreren deutschen
Bundesländern ungewöhnlich stark gestiegen. Nach Recherchen des
ARD-Magazins „Panorama“ erhöhten sie sich nach den letzten
Landtagswahlen in Thüringen um 47 Prozent, in Bayern um 40 Prozent
und im Saarland um 24 Prozent. Verantwortlich für den Anstieg ist
neben der Zunahme der Anzahl der Fraktionen auch eine deutliche
Erhöhung der Pauschalen pro Landtagsabgeordnetem. Mit dieser Erhöhung
konnten die Unionsparteien dieser drei Länder die finanziellen
Verluste, die sie aufgrund der schlechten Wahlergebnisse gehabt
hätten, teilweise oder fast vollständig ausgleichen. Man habe den
Berechnungsschlüssel geändert, um keine Mittel zu verlieren,
bestätigt etwa der Geschäftsführer der CDU-Fraktion in Thüringen,
Volker Emde, in „Panorama“. Und die stellvertretende
CSU-Fraktionsvorsitzende Renate Dodell begründet den Kostenanstieg
mit gewachsenen Aufgaben der Fraktionen. „Wir haben das mit allen
Fraktionen beschlossen. Schauen Sie doch mal, wieviel Geld die
Fraktionen von SPD und Grünen hinzugewonnen haben.“
Der Präsident des Landesrechnungshofs in Thüringen, Hans Walter
Sebastian Dette, kündigt in „Panorama“ an, die Erhöhung der
Fraktionszuschüsse in seinem Bundesland umgehend zu prüfen: „Ich
halte sie in dieser Höhe für erstaunlich. Auf den ersten Blick gibt
es hierfür keine schlüssige Erklärung.“ Auch der Bayerische Oberste
Rechnungshof kündigt an, die Erhöhung in seine im Oktober begonnene
Überprüfung der Fraktionszuschüsse mit einzubeziehen.
Der Verfassungsrechtler Prof. Hans Herbert von Arnim macht für die
exorbitanten Steigerungen eine ungenügende Kontrolle der
Landesparlamente bei der Bewilligung der Fraktionszuschüsse
verantwortlich: „Die Fraktionen entscheiden, wenn sie sich aus der
Staatskasse Geld bewilligen, in eigener Sache. Weil sie diese
Erhöhungen nur in den Haushalt einzustellen brauchen, fehlt es an
einer wirksamen Kontrolle.“
Die staatliche Unterstützung der Fraktionen liegt bundesweit mit
mehr als 180 Millionen Euro mittlerweile deutlich über der
staatlichen Parteienfinanzierung, für die eine gesetzliche
Obergrenze von zur Zeit 133 Millionen Euro besteht.
Verfassungsrechtler von Arnim fordert, dass die strengen
Regelungen der Parteienfinanzierung auch für die staatliche Förderung
der Fraktionen gelten sollten. „Das Wichtigste ist, dass die
Landesparlamente höhere Fraktionsmittel künftig nicht mehr einfach in
den Haushaltsplan einstellen können, sondern hierfür ein Gesetz
ändern müssen. Nur dann kann die öffentliche Kontrolle wirksam
eingreifen.“
„Panorama“: Donnerstag, 4. November, 22.00 Uhr, Das Erste
Mehr Informationen zur Sendung finden Sie unter www.panorama.de
4. November 2010
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