Die Zeit sei noch einmal zurückgedreht ins Jahr
2009, dem Jahr der letzten Bundestagswahl. Damals erlebte das Land
keinen Wahlkampf, sondern einen Wahlkrampf. Ermattet von der
Finanzkrise kamen Union und SPD kuschelnd aus der Großen Koalition.
Und vor allem Angela Merkel versetzte die Wähler mit großer
Inhaltsleere in kollektiven Tiefschlaf. Einzig der FDP – man höre und
staune und glaubt es kaum – gelang es seinerzeit, mit einem
unerbittlichen Steuersenkungskurs klare Kante zu zeigen. Das brachte
die Liberalen zwar in die Regierung, in der Folge jedoch auch an den
Rand ihrer Existenz. Schon jetzt lässt sich prophezeien, dass das
Bundestagswahljahr in diesem Jahr gänzlich anders werden wird. Zum
Glück. Es wird spannender, aufregender, inhaltlicher und nicht
zuletzt auch persönlicher in der politischen Auseinandersetzung
werden. Anders als 2009 kann sich Kanzlerin Angela Merkel ihrer Sache
nicht sicher sein, auch wenn ihr SPD-Herausforderer derzeit kein
Fettnäpfchen auslässt. Peer Steinbrück verfügt aber über eine
gehörige Portion an Selbstbewusstsein, außerdem über rhetorische
Fähigkeiten kombiniert mit einer Leidenschaft für die politische
Attacke. Ähnlich wie einst der Wadenbeißer Gerhard Schröder. Das
könnte, nein, das wird Angela Merkel dazu zwingen, aus den
europapolitischen Sphären herabzusteigen und sich auch um die Dinge
direkt vor der eigenen Haustür zu kümmern. Das kann der Republik nur
gut tun. Bislang hat die Kanzlerin dies nur allzu gerne vermieden.
Darum muss es deshalb in den nächsten Monaten gehen: Wie kann das
Land gerechter werden, wenn sich trotz sinkender Arbeitslosigkeit die
soziale Spaltung eher vergrößert statt verkleinert? Wie wird das alte
Versprechen von Bildungschancen für alle endlich mehr Realität
werden? Und wie wollen die Parteien die Finanzmärkte weiter zügeln,
die Energiewende für den Bürger bezahlbarer machen oder den
demografischen Wandel über die schönen Worte hinaus endlich
gestalten? Das sind einige von vielen innenpolitischen
Herausforderungen neben der Bewältigung der europäischen
Schuldenkrise. Nicht zuletzt werden die deutschen Wähler aufgrund des
Euro-Dramas übrigens auch darauf achten, wer es mit der
Haushaltskonsolidierung ernst meint. Die Sorge, von den Schulden des
Staates irgendwann erdrückt oder gar von der europäischen Krise
mitgerissen zu werden, ist inzwischen gesellschaftlich weit
verbreitet. Die Parteien können sich somit diesmal in ihren
Wahlprogrammen nicht um überzeugende Lösungen für die vielfältigen
Probleme drücken, die noch bewältigt werden müssen. Auch wenn in
einem Wahljahr die Verlockung immer wieder groß ist, die Bürger mit
Wohltaten zu ködern, 2013 ist dafür kein Jahr. Hinzu kommt: Die
Wahrscheinlichkeit, dass die nächste Bundesregierung wieder einen
schwarz-gelbe wird, ist angesichts des desolaten Zustands der FDP
gering. Welche Koalition soll also nach der Bundestagswahl regieren?
Zwischen welchen Parteien lassen sich die meisten Schnittmengen
finden? Der Wähler wird da sehr genau hinhören und sich seine Antwort
auf diese Frage mehr denn je aus den inhaltlichen Angeboten der
Parteien ableiten. Selten waren die Chancen dabei so groß, mit dem
Stimmzettel koalitionstechnisch variierend mitzugestalten, da fast
alles nach der Wahl möglich ist. Schon die Landtagswahl in
Niedersachsen Ende des Monats ist diesbezüglich womöglich ein
Fingerzeig, weil mit dem Urnengang die Startpositionen der Parteien
für die Bundestagswahlen im September neu vergeben werden. Politisch
spannender kann ein Jahr nicht beginnen.
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