Lausitzer Rundschau: Alle auf Start Die Ausgangslage der Parteien nach ihren Jahresauftaktklausuren

Die Jahresauftaktklausuren der Parteien sind
vorbei, die Dreikönigsreden gehalten, eine Landesregierung ist
geplatzt, und ein Präsident hat sich gründlich blamiert. Die
politische Ausgangslage für 2012 ist definiert, alle Akteure sind auf
Start. Das Ziel ist klar: 2012 entscheidet sich, wer wie in das
Wahljahr gehen wird, denn 2013 selbst wird nicht mehr viel passieren.
Das Jahr hat schon einige Klärungen gebracht. Die erste: Die FDP ist
als künftige Regierungspartei unrettbar verloren. Ihr geht es nur
noch um die blanke Existenz, um die Fünf-Prozent-Hürde, für mehr aber
reicht es nicht. Die zweite Vorentscheidung: Die CDU liegt stabil vor
den Sozialdemokraten, vor allem dank Angela Merkel. Wer sie
unterschätzt, hat schon verloren. In der zentralen Frage der
Währungsstabilität vertrauen die Bundesbürger ihrem Instinkt und
ihren europäischen Ellenbogen. Die gute wirtschaftliche Entwicklung
in Deutschland und der florierende Arbeitsmarkt tun ihr Übriges. Eine
erneute Große Koalition unter Kanzlerin Angela Merkel ist daher immer
eine Option für die CDU. Die Sozialdemokraten haben das ungleich
größere Problem. Ihre einzige Möglichkeit den Kanzler zu stellen, ist
Rot-Grün, weil die Linke unter dem Einfluss von Oskar Lafontaine auf
Obstruktionskurs bleiben wird. Ob es aber für Rot-Grün reichen wird,
hängt von Umständen ab, die die SPD kaum beeinflussen kann. Zum
Beispiel, ob die Piraten über fünf Prozent kommen oder nicht. Die
Partei ist in der Zwickmühle. Wenn sie enttäuschte Sympathisanten
wieder einfangen will, muss sie sich noch stärker von ihrer eigenen
Reformpolitik verabschieden. Doch verliert sie dadurch gleichzeitig
zur Mitte hin an Glaubwürdigkeit. Kompromissversuche kommen als
unentschlossen und sogar doppelzüngig an. Und in der Eurokrise bleibt
der SPD sowieso nur die Rolle der konstruktiven Unterstützung der
Kanzlerin. SPD und Grüne bereiten nun mit dem Konzept von
Steuererhöhungen für Vermögende einen Gerechtigkeitswahlkampf vor,
doch wird es schwer werden, Merkel damit wirksam zu treffen. Denn
beim Mindestlohn und mit der Finanzmarkttransaktionssteuer lässt die
geschmeidige, um nicht zu sagen wendige CDU-Vorsitzende jetzt schon
neue politische Leitlinien vorbereiten. Eine große Chance, mehr
Dynamik zu erzeugen, bestünde für die SPD allerdings darin, aus der
Not der ungeklärten Kanzlerkandidatenfrage eine Tugend zu machen. Ein
spannender Vorwahlkampf könnte jenes gewisse Faszinosum bringen, das
Rot-Grün derzeit noch fehlt.

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