Die Frage müssen sich die Genossen jetzt gefallen
lassen: Wozu eigentlich das ganze Theater um den Rauswurf Thilo
Sarrazins aus der SPD, wenn eine Erklärung genügt, um das ganze
Verfahren seitens der Parteiführung wieder einzustampfen? Nicht nur
Generalsekretärin Andrea Nahles steht jetzt belämmert da, sondern vor
allem der Parteivorsitzende Sigmar Gabriel. Er war schließlich
derjenige, der den Ausschluss des Provokateurs so laut wie kaum ein
anderer gefordert hat. Stehvermögen hat Gabriel – wie so oft schon –
auch in dieser Angelegenheit nicht unter Beweis gestellt. Der
SPD-Chef reagiert eben zu oft aus dem Bauch heraus, ohne die Folgen
abzuschätzen. Denn das ganze Verfahren war sowieso ein großer
Fehler. Die SPD hätte ihre Kraft mehr darauf verwenden sollen, ein
eigenes, überzeugendes Integrationskonzept zu erarbeiten statt auf
einer Welle mitschwimmend Sarrazin zum Parteifeind zu erklären.
Vermutlich haben die Genossen nun bemerkt, dass der Ausgang des
langwierigen Vorgangs mehr als ungewiss gewesen wäre. Dann lieber ein
Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. Zumal in Berlin ein
wichtiger Wahlkampf läuft, in dem die SPD vom Regierenden
Bürgermeister Klaus Wowereit derzeit keine sonderlich gute Figur
macht. Die Hoffnung dürfte nun sein, dass in ein paar Wochen keiner
mehr über den Sinneswandel der Parteiführung in der Causa Sarrazin
redet. Mit Sicherheit wird es so auch kommen. Und ähnlich ist es dem
ehemaligen Bundesbanker inzwischen ja auch ergangenen – seine Thesen
sind weitgehend entzaubert, er selbst gibt sich bei seinen
öffentlichen Auftritten deutlich weniger provokant als noch vor einem
halben Jahr.
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