Lausitzer Rundschau: Immer häufiger touren Abgeordnete ins Ausland

Wenn einer eine Reise macht, dann kann er was
erleben. Auf Steuerzahlerkosten erst recht. Typisch Abgeordnete. Wer
sich kurz vor der Bundestagswahl noch schnell sündhaft teure Stifte
bestellt, und wer sich gerne mal die Diäten erhöht, während andere
über Nullrunden nicht hinauskommen, der gönnt sich auch den einen
oder anderen kostspieligen Flug. So oder so ähnlich dürften die
ersten Reflexe auf die neue Reisestatistik des Bundestages ausfallen.
Doch gemach: Man tut den Abgeordneten Unrecht, wenn man sie jetzt
allesamt als Abstauber abstempelt. Denn es gibt gute Gründe, dass
sich Parlamentarier auch mal aus dem Raumschiff Berlin entfernen: Die
Internationalisierung der Politik beispielsweise schreitet
unaufhörlich voran. Durch neue Institutionen, neue Gremien und neue
Kooperationen sind auch die Volksvertreter gefordert, immer häufiger
im Ausland präsent zu sein, sich zu informieren, zu ihren Themen
Erfahrungen und Meinungen auszutauschen. Und deutsche Interessen
dabei zu vertreten. Das gilt gerade für den europäischen
Einigungsprozess – wenn der Bundestag nicht alle Rechte nach Brüssel
abgeben will, müssen seine Mitglieder auch dort mitreden. Reisen ins
Ausland dienen außerdem dazu, sich möglichst ungefiltert ein Bild
davon zu machen, was man politisch daheim auf den Weg gebracht hat.
Soll heißen: Auch Abgeordnete müssen dafür geradestehen, wenn
anderswo deutsches Steuergeld unsinnig verprasst oder zweckentfremdet
wird. Schließlich fließen Milliarden in andere Länder. Das ist die
eine Seite der Reiselust-Medaille. Und zwar die positive. Auf der
negativen Seite steht eine gewisse Leichtigkeit, eine
Selbstverständlichkeit, die sich bei Abgeordneten eingeschlichen zu
haben scheint. Vor allem wenn es darum geht, in ziemlich ferne Länder
zu reisen. Einen Grund für solche Trips gibt es sicherlich immer.
Aber anders kann man den Rüffel von Bundestagspräsident Norbert
Lammert nicht deuten, der die Parlamentarier schon Mitte des Jahres
dringend zur Mäßigung aufgerufen hatte. Reisen kosten schließlich
Geld. Und zwar viel Geld, zumal Volksvertreter, Delegationen und
Ausschüsse nicht gerade Holzklasse touren. Wenn der Bundestag nun so
darauf reagiert, dass er wie vom Steuerzahlerbund kritisiert seinen
Reiseetat überaus kräftig aufstockt, dann ist das das falsche Signal.
Das schürt eben jene Reaktionen, die kein gutes Haar an den
Volksvertretern lassen. Deswegen gilt: Reisen auf Steuerzahlerdeckel
müssen genau hinterfragt und geprüft werden. Vielleicht noch mehr als
bisher.

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