Die alte Garde um Guido Westerwelle hat die FDP
mit ihrem Steuerpopulismus auf den Höhepunkt von 15 Prozent
getrieben, aber sie hat auch den Ruf der Liberalen nach der Wahl im
Rekordtempo zerstört. Und nun zerbricht mit dem Rücktritt von
Christian Lindner gerade die Garde der Jungen, die die Partei retten
sollte. Viele in der FDP hatten geglaubt, mit der Entdeckung der
Nachwuchskräfte Rösler, Lindner und Bahr nachgerade einen Jungbrunnen
in Betrieb gesetzt zu haben. Nun zeigt sich: Auch die sind nicht
besser. Im Gegenteil, sie stümpern, sie streiten – und sie flüchten
aus ihrer Verantwortung. Damit ist die FDP als Regierungskraft für
die laufende Legislaturperiode am Ende, jedenfalls wenn man das Wort
„Kraft“ ernst meint. Was von dieser Partei jetzt noch kommen wird,
ist pure Notstabilisierung. Irgendeiner wird Generalsekretär, es kann
auch genauso gut irgendeiner Vorsitzender werden. Inhaltlich ist nach
diesem Mittwoch auch die schwarz-gelbe Koalition am Ende. Ein
gemeinsames Projekt findet die nicht mehr. Auch für die Anführerin
dieses Bündnisses, Angela Merkel, heißt es nun: Überwintern,
irgendwie das rettende Wahljahr erreichen, und dann, so die
Zufallsgötter wollen, wieder Kanzlerin werden in einer Großen
Koalition. Kann das Versagen einzelner Führer eine ganze Partei
dauerhaft in den Abgrund reißen? Ja, wenn die Idee dieser Partei
nicht stark genug ist. Die Ökologie, die soziale Gerechtigkeit, die
Friedenssicherung und auch die soziale Marktwirtschaft werden immer
parteipolitische Ausdrucksformen finden. Der Liberalismus hingegen
ist entweder viel zu verschwommen, um als Idee wahrgenommen zu
werden, oder inzwischen viel zu selbstverständlich, um noch für ihn
kämpfen zu müssen. Der wirtschaftspolitische Liberalismus, auf den
sich zuletzt alles verlagerte, hat sich in der Bankenkrise gründlich
desavouiert. Die liberale Idee hatte nach dem Krieg ohnehin schon
sehr stark von großen persönlichen Vorbildern gelebt, von Dahrendorf
bis Hamm-Brücher, von Heuss bis Genscher. Solche gibt es nun nicht
mehr. Zuletzt hatte die FDP die Nische der taktischen Wähler plus
Ärzte, Apotheker, Hoteliers und andere Spezialgruppen. Im Grunde war
sie eine historische Restgröße, die Guido Westerwelle mit seiner
Wegwerfstrategie noch einmal hochziehen konnte. Unter Philipp Rösler
wird sie nun zu einem Verein, dem die Regierungsbeteiligung bis
September 2013 reicht, bis zur nächsten Wahl. Das war–s.
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