Lausitzer Rundschau: Nach dem Mitgliederentscheid der FDP zum Euro-Rettungsschirm

Philipp Rösler strahlt aus zwei gelbblau
geschlagenen Augen wie ein Boxer, der zwar ordentlich vermöbelt
worden ist, aber am Schluss doch noch knapp als Sieger vom Platz
geht. Auch die Zähne sind weg. Der beißt sobald nicht mehr. Dieses
Ergebnis des FDP-Mitgliederentscheides ist kein Triumph. Es ist das
knappe Vorbeischrammen an einer politischen Katastrophe. Es ist
lächerlich, dass Rösler jetzt den Vorsprung von knapp 2000 Stimmen
für die Führungslinie als Ausweis europapolitischer Vernunft ausgibt.
Vor einer Woche noch glaubte er daran nicht, sondern setzte allein
auf das Verfehlen des Quorums seitens der Euro-Gegner. Das versuchte
er sogar regelrecht herbeizureden. Was hätte die FDP alles daraus
machen können, dass sie als einzige Partei offen über die
Euro-Rettung diskutierte und abstimmte. Dass ihre Führung sich als
einzige von allen Parteiführungen den Europaskeptikern und Populisten
in den Weg stellte. Denn eine überzeugende Argumentation für all die
Rettungsmilliarden fehlt dem Land doch gerade. Das ist doch genau die
Lücke, die Angela Merkel mit jedem Gipfel weiter vergrößert. Aber
erstens ist die Führung der Liberalen selbst von Populismus und
Euroskepsis nicht frei, wie ihr gefährliches Gerede von der
notwendigen Insolvenz von Schuldenstaaten und von der Beteiligung
privater Gläubiger zeigt. Und zweitens offenbarte sich schnell, dass
diese Parteiführung kein Selbstvertrauen hat und nicht harmoniert.
Wie der ganze Laden nicht. So endet der hoffnungsvoll begonnene
demokratische Mitgliederentscheid für die FDP wie Heiligabend in
vielen Familien. Man hat zu plötzlich zu viel Zeit, und es zeigt
sich, dass man nicht mehr viel miteinander zu tun hat. Ein Ausgang im
Missmut, nur, dass hier keiner aus Wut den Baum anzündet. Angela
Merkel kann nicht wirklich aufatmen. Zwar wird die FDP-Fraktion im
Bundestag nun ruhigen Gewissens mit der Kanzlerin und ihrer Union
weiter für die Euro-Rettung stimmen. Was die 93 FDP-Abgeordneten aus
Angst vor Neuwahlen allerdings auch bei einem anderen Ausgang getan
hätten, nur eben schlechten Gewissens. Die schwarz-gelbe
Bundesregierung also steht. Aber die liberale Partei ist nach den
Turbulenzen der letzten Wochen und Monate ein Trümmerhaufen. Damit
endet das Jahr 2011. Es ist absolut keine aufmunternde oder gar frohe
Botschaft, dass das erste politische Ereignis des Jahres 2012 am 6.
Januar das Dreikönigstreffen der Liberalen sein wird. 

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