Christian Wulff ist endlich aus der Deckung
gekommen. Gut eine Woche nach Bekanntwerden der dubiosen Umstände
seines Haus-Kredits hat der Bundespräsident sich in der
Öffentlichkeit zu dem Vorwurf erklärt, seine Nähe zu den Schönen und
Reichen im Heimatland Niedersachsen könne zu anrüchigen Verquickungen
zwischen dienstlichen und privaten Belangen geführt haben. An dieser
Stelle war das Staatsoberhaupt eindeutig: Nie habe er anderen einen
unberechtigten Vorteil gewährt. Ist er damit jetzt aus dem Schneider?
Ist die Affäre Wulff also beendet? Sagen wir es so: Mit seiner späten
Flucht nach vorn hat er seine Lage nicht weiter verschlechtert. Und
mit etwas Glück könnten sich die Turbulenzen um ihn tatsächlich
legen. Es gab nicht wenige, die Wulff rieten, unumwunden
einzugestehen, dass er Mist gebaut hat. Zu dieser Erkenntnis ist der
Präsident nun hörbar selbst gekommen. Allerdings eben nicht aus
freien Stücken. Sondern weil der politische Druck von Tag zu Tag
stärker wurde. Selbst hinter den scheinbar uneingeschränkten
Solidaritätsadressen von Angela Merkel stand immer auch der
versteckte Hinweis, die Aufklärung nicht irgendwelchen namenlosen
Anwälten zu überlassen, sondern selbst zu handeln. Und wer die ersten
Erklärungen aus dem Bundespräsidialamt zu den privaten Vorgängen in
der Vorwoche mit Wulffs gestriger Stellungnahme vergleicht, der kann
feststellen, dass dazwischen Welten liegen. Demnach rechtfertigte
sich Wulff letzte Woche noch mit der haarspalterischen These, dass er
eine Anfrage der Opposition im niedersächsischen Landtag zum Bestehen
geschäftlicher Beziehungen mit dem Unternehmer Egon Geerkens
wahrheitsgemäß verneint habe, weil nach dessen Ehefrau, der formalen
Kreditgeberin für den privaten Hauskauf, ja nicht gefragt worden war.
Am Donnerstag entschuldigte er sich für dieses selbstgefällige
Vorgehen. Eine atemberaubende Kehrtwende binnen weniger Tage. Sie
belegt, dass Wulff nur ein Getriebener ist. Seine
Kommunikationsstrategie war lausig. Wie sonst hätte es zu dem offenen
Bruch mit seinem langjährigen Pressesprecher kommen können? Im
strafrechtlichen Sinne ist dem Staatsoberhaupt nichts vorzuwerfen.
Die Staatsanwaltschaft Hannover sieht keinen Anlass, wegen des
Vorwurfs der Korruption gegen Wulff zu ermitteln. Aber in der Politik
ist das eben noch lange kein Persilschein. Nicht alles, was legal
ist, ist auch legitim. Oder um es mit den Worten Wulffs zu sagen:
Nicht alles, was juristisch rechtens ist, ist auch richtig. Hätte er
solch klare Worte schon eher benutzt, dem Amt und ihm persönlich wäre
viel Ungemach erspart geblieben. Gleichwohl war es der letztmögliche
Termin, um sich zu erklären. Wulffs Weihnachtsansprache im Fernsehen
an diesem Sonntag hätte ansonsten nur noch politisch lächerlich
gewirkt. Nun wirbt der Bundespräsident um Vertrauen in der
Bevölkerung. Dieses Vertrauen wieder zu erlangen, wird schwer genug.
Zumal eine pauschale Entschuldigung nicht unbedingt vor dem
Bekanntwerden weiterer fragwürdiger Details schützt. Sollte jetzt
noch mehr kommen, wäre Wulff weg vom Fenster. Sein Glück ist, dass
die besinnliche Weihnachtszeit auch für etwas Ruhe an der medialen
Front sorgt. Die Zeit, so heißt es, heilt manche Wunden. Aber so viel
Zeit, um aus Christian Wulff nach diesem Vertrauensverlust noch einen
starken Bundespräsidenten zu machen, gibt das Amt nicht her.
Pressekontakt:
Lausitzer Rundschau
Telefon: 0355/481232
Fax: 0355/481275
politik@lr-online.de