LVZ: DDR-Bürgerrechtler Schulz kritisiert Gabriels Sarrazin-Kommentierung

Ein nach Ansicht misslungener historischer
Vergleich und eine fatale Neigung zum Ausschlussdenken statt zur
kritischen Aufklärungsdebatte hat der Grünen-Europaparlamentarier und
frühere DDR-Bürgerrechtler Werner Schulz dem SPD-Vorsitzenden Sigmar
Gabriel vorgehalten. Gabriel hatte, nach dem gescheiterten
Ausschlussverfahren gegen Thilo Sarrazin aus der SPD, in gefühlter
Anlehnung an die verstorbene DDR-Bürgerrechtlerin Bärbel Bohley,
erklärt: „In der Regel kriegen Sie nicht Recht, sondern ein Urteil.“

Gegenüber der „Leipziger Volkszeitung“ (Freitag-Ausgabe) sagte
Schulz: „Gabriel hätte sich um eine kritische politische
Auseinandersetzung mit Sarrazin kümmern müssen. So wie der, denken
doch manche in der SPD. Stattdessen wählt Gabriel den klassischen Weg
der linken marxistischen Partei: Abweichende Meinungen, kontroverse
Positionen werden mit Ausschluss behandelt.“ Eigentlich sei Gabriel
„mit einem Bein zurück in den Unrechtsstaat“, so Schulz. Bohley hatte
nach der ersten Nachwende-Zeit erklärt: „Wir wollten Gerechtigkeit,
aber haben den Rechtsstaat bekommen.“

Werner Schulz, einer von Bohleys politischen Wegbegleitern,
findet, der SPD-Vorsitzende habe sich mit dieser gedanklichen Anleihe
furchtbar vergaloppiert. „Für uns hieß Gerechtigkeit damals
Abrechnung mit dem Unrechtsstaat“, erinnert sich Schulz heute. „Stasi
in die Produktion, oder Honecker in die Produktion eben.“ Aber am
Ende arbeitete man sich bei Gericht vom kleinen Mauerschützen mühsam
hoch bis zur Abteilung Befehlsausgabe. Egon Krenz oder Günter
Schabowski waren von oben noch vorhanden, „andere schon weg“.

Pressekontakt:
Leipziger Volkszeitung
Büro Berlin

Telefon: 030/233 244 0