Ilse Junkermann, Bischöfin der Evangelischen
Kirche in Mitteldeutschland (EKM) wendet sich entschieden gegen
politische Vorstöße, die Karfreitagsruhe abzuschaffen. Zuletzt hatten
Linke und Teile der FDP in Sachsen gefordert, das gesetzlich
geregelte Tanzverbot an diesem „stillen Tag“ zufzuheben, da es nicht
mehr zeitgemäß sei. Dagegen warnt die Magdeburger Bischöfin vor einer
Kultur der Beliebigkeit. „Uns droht der Sinn für Grenzen, für
besondere Zeiten verloren zu gehen, die seit Jahrhunderten fester
Bestandteil unserer Kultur sind. Das empfinde ich als
zivilisatorischen Rückschritt“, sagte Junkermann der „Leipziger
Volkszeitung“ (Donnerstag-Ausgabe). Speziell der Karfreitag stehe als
Erinnerung an den Kreuzestod Jesu zurecht unter einem besonderen
gesetzlichen Schutz. „Das mag nicht für jeden einsichtig sein. Aber
auch für jeden anderen gelten Gesetze auch dann, wenn sie ihm nicht
einsichtig sind“, so Junkermann weiter.
Die Magdeburger Bischöfin sieht den Karfreitag auch für
Nicht-Christen als wichtigen Tag, um sich mit Sterben, Tod und Trauer
auseinanderzusetzen. „Wir können am Karfreitag erfahren: es gibt
einen öffentlichen Raum für das Traurige und Schwere, für Leiden in
unserem Leben. Wir sind nicht zum Erfolg und Strahlen ,verdammt“.
Diese Erfahrung werde im Alltag meist von Leistungsdruck,
Geschwindigkeit und Hektik verdrängt. „Deshalb ist der Karfreitag für
uns alle wichtig. Ohne einen solchen stillen Tag verlernen wir, wie
wir mit Schwerem umgehen können“, so Junkermann.
Den Trend, Festtag wie Ostern oder Weihnachten immer früher
einzuläuten, nannte Junkermann einen bedauerlichen Irrweg. „Wir
vergeben uns die Festfreude. Wenn aber alle Tage gleich sind, ist
alles gleichgültig, dann gibt es kein Fest mehr“, kritisierte die
Bischöfin. Es sei schade, dass zunehmend der Handel den Rhythmus von
Feiertagen vorgebe. „Durch die entsprechenden Konsumangebote feiern
wir das Fest, bevor es angefangen hat. Und wenn es gekommen ist, dann
ist es schon vorbei.“
Durch die ganzjährige Verfügbarkeit von Früchten und Produkten
würden natürliche Grenzen verschwimmen. „Heute müssen wir diese
Grenzen selbst festlegen, das ist nicht leicht. Es fehlt uns der Sinn
für Grenzen, für besondere Zeiten. Und deshalb fehlt uns auch der
Sinn für Feiern und Fest“, so Junkermann. Dabei seien besonders die
Zeiten vor den Festtagen wichtig für die innere Einkehr, Ruhe und
Vorbereitung. „Die Tage nach dem Fest sind die festlichen Tage, an
denen man feiert. Die Tage vor dem Fest, die darauf vorbereiten mit
Fasten und Enthaltsamkeit und Buße, dieses tiefe Bewusstmachen, was
falsch und schief läuft in meinem Leben, diese Tage sind verloren
gegangen. Das Besonderte verschwindet, Beliebigkeit macht sich
breit.“
Pressekontakt:
Leipziger Volkszeitung
Redaktion
Telefon: 0341/218 11558