LVZ: Fischer erwartet von Deutschland mehr Leistung in Sicherheitsfragen / Debatte um Verteidigungsetat / Schulden-Vergemeinschaftung in der Euro-Zone unvermeidlich

Ex-Außenminister Joschka Fischer von den Grünen
hat sich dem Apell von Bundespräsident Joachim Gauck an die deutsche
Politik angeschlossen, mehr und sichtbare Verantwortung in der
Europa- und Weltpolitik zu übernehmen. In einem Video-Interview mit
der bei der Mediengruppe Madsack erscheinenden „Leipziger
Volkszeitung“ (Sonnabend-Ausgabe) meinte Fischer: „Der
Bundespräsident hat Recht. Wir spielen für Europa eine zentrale
Rolle.“ Es sei völlig klar, dass die den Deutschen vertraute Umgebung
der europäischen Nationalstaaten nicht mehr ausreiche, „um unsere
Interessen in der Welt des 21. Jahrhunderts entsprechend wirkungsvoll
vertreten zu können“. Aber auch in der Sicherheits- und Außenpolitik
mache er sich große Sorgen. „Wir sehen doch jetzt in Syrien, dass die
USA nicht mehr willens und nicht mehr in der Lage sind, die
traditionelle Rolle wahrzunehmen. Nur: Wenn die Dinge schief gehen,
sind die USA weit weg. Wir nicht.“

Die Schlussfolgerung, dass mit einer stärkeren Rolle Deutschlands
auch eine sichtbare Verteidigungs- und Sicherheitsleistung der
Deutschen, inklusive eines steigenden Verteidigungshaushaltes,
einhergehen müsse, wollte Fischer nicht direkt ziehen. Aber er sagte
in diesem Zusammenhang: „Ich denke, es muss eine inhaltliche
Neubesinnung geben, bevor man zu diesem Schritt kommt. Aber ich werde
hier kein neues Fass aufmachen, nach der Devise: Fischer fordert
Erhöhung des Verteidigungsetat.“ Aber der Frage müsse man sich
stellen.

Mit Bezug auf die Europapolitik stellte Fischer heraus, dass der
Euro und das europäische Projekt „meines Erachtens nicht überleben“
werde, wenn wir nicht zu einer gewissen Schuldenvergemeinschaftung
kommen“. Die Bankenunion müsse jetzt entschlossen durchgesetzt
werden, als nächstes komme dann die Fiskalunion. „Das wird zu einer
Annäherung der verschiedenen Politiken führen, bis hin zur
Sozialpolitik. Die Steuerpolitik und all diese Dinge werden
zusammengeführt werden. Schritt für Schritt, nicht an einem tag,
nicht in einem Jahr. Aber das muss sein.“ Mehr und mehr Souveränität
werde dann auf die europäische Ebene übertragen.

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