Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) hat
verbindliche Regelungen zur Aufdeckung von Provisionsvorteilen für
Versicherungsverkäufer verlangt. Gegenüber der „Leipziger
Volkszeitung“ (Dienstag-Ausgabe) sagte die Ministerin, sie erwarte
sich von der für kommende Woche angekündigten EU-Richtlinie der
Kommission „eine verbindliche Offenlegung der Kosten und Provisionen
beim Vertrieb von Finanzprodukten“. Der Verbraucherzentrale
Bundesverband strebt ein Provisionsverbot bei der Finanzberatung,
„zumindest bei allen kapitalansparenden Finanzprodukten“, an.
Vorstand Gerd Billen sagte der Zeitung, man brauche „mindestens eine
klare und einheitliche Regelung zur Offenlegung von Provisionen und
sonstigen Vertriebsanreizen, damit Verbraucher den wahren Preis von
vermeintlich kostenlosen Finanzberatungen erkennen können“. Der
Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft widersprach
dagegen entschieden den EU-Plänen und ähnlichen Forderungen aus der
deutschen Politik. Jörg von Fürstenwerth, Vorsitzender der
GDV-Hauptgeschäftsführung, sagte der Leipziger Volkszeitung: „Eine
generelle Offenlegung der konkreten Vermittlervergütung – wie
offenbar von der Europäischen Kommission angestrebt – lehnen wir ab.“
Sie helfe dem Kunden schon deshalb nicht beim Produktvergleich
weiter, weil für das gleiche Produkt eines Anbieters in verschiedenen
Vertriebswegen unterschiedliche Provisionen möglich seien. „Gute
Beratung kostet Geld“ und zudem „kenne ich kein anderes
Vergütungssystem, das es in gleichem Umfang schafft, dass sich breite
Bevölkerungsgruppen gegen fundamentale Risiken absichern und um ihre
Altersvorsorge kümmern“. Dagegen sagte Aigner dem Blatt, jeder
Schritt, der zu mehr Transparenz für die Verbraucher führe, sei ein
Schritt in die richtige Richtung. Die EU-Kommission will am 3. Juli
den entsprechenden und schon lang angekündigten Kommissionsvorschlag
zu Provisionen unterbreiten. Von einem generellen Verbot von
Provisionen sei man aber wieder abgekommen, hieß es in Brüssel.
Dagegen hatte nicht zuletzt die Versicherungswirtschaft scharf
protestiert. Ihr gehe es nicht um eine Abschaffung des
Provisionsmodells, stellte Ministerin Aigner klar, „sondern um
Kostentransparenz: Verbraucher müssen wissen, was sie zu welchen
Konditionen erwerben, welcher Anteil ihres Geldes in das
Finanzprodukt fließt und welcher Anteil in Provisionen und andere
Kosten.“ Das Vertriebsinteresse der Finanzvermittler müsse sichtbar
werden. Daneben setze sie sich für eine gesetzliche Regelung der
unabhängigen Honorarberatung ein. „Die Verbraucher sollen die Wahl
haben, ob sie sich an einen auf Provisionsbasis arbeitenden Makler
oder an einen auf Honorarbasis arbeitenden Berater wenden“, verlangte
Ilse Aigner. Anders als zum Beispiel beim Kauf eines Autos oder
Handys sei der Vertrieb eines Finanzproduktes wesentlich beeinflusst
von den Vermittlungskosten. „Bei Auto oder Handy kann man Produkte
gleicher Leistung über den Preis genau vergleichen. Bei
Finanzprodukten können Verbraucher jedoch nicht ohne weiteres
erkennen, wie viel von dem investierten Geld in der Geldanlage direkt
ankommt.“ Deshalb sei es wichtig, für Transparenz zu sorgen.
Verbraucherschützer-Chef Billen meinte, Provisionen in der
Finanzberatung seien grundsätzlich schlecht für Verbraucher. „Denn
sie führen zu einem Interessenkonflikt. Soll der Finanzvermittler dem
Kunden das passende oder gewinnbringendste Produkt verkaufen?“ Häufig
falle die Entscheidung zugunsten des Produkts, das hohe Provision
bringe, auch weil die Vermittler häufig entsprechende
Vertriebsvorgaben hätten. „Die vermeintliche Beratung entpuppt sich
also bei näherem Hinsehen als ein Verkaufsgespräch. Das ist
Verbrauchern meistens unklar, denn den Policen fehlt ein Preisschild
über die Höhe der Provisionen.“
Pressekontakt:
Leipziger Volkszeitung
Büro Berlin
Telefon: 030/233 244 0