Mehr Naturschutz in die „Waldstrategie 2020“ der Bundesregierung

Anlässlich der Fachtagung „Wege zu lebendigen
Wäldern“ fordern Deutsche Umwelthilfe und Forum Umwelt und
Entwicklung Vorrang für den Biodiversitätsschutz im Wald – Von der
Bundesregierung vorbereitete „Waldstrategie 2020“ muss im
„Internationalen Jahr der Wälder“ erwarteter Intensivierung der
Forstwirtschaft in Deutschland entgegenwirken

Die Bundesregierung rechnet bis zum Jahr 2020 mit einem
zusätzlichen Bedarf von bis zu 34 Mio. Kubikmetern Holz jährlich.
Unternehmen der Forst- und Holzwirtschaft und auch
Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) wollen deshalb Wälder
verstärkt wirtschaftlich nutzen und mehr Holz aus dem Wald holen als
bisher. Mit dem wirtschaftlichen Druck ist jedoch die weitere
Intensivierung der Forstwirtschaft programmiert – gerade auch auf
Kosten der biologischen Vielfalt in den Wäldern. Darauf weisen die
Deutsche Umwelthilfe e.V. (DUH) und die AG Wälder des Forums Umwelt
und Entwicklung anlässlich der Fachtagung „Wege zu Lebendigen
Wäldern“ heute in Berlin hin.

Im „Internationalen Jahr der Wälder 2011“ der Vereinten Nationen
will die Bundesregierung eine „Waldstrategie 2020“ beschließen, die
Leitlinien für Nutzung und Schutz der Wälder in Deutschland bis zum
Jahr 2020 vorgeben soll. Der Entwurf der Strategie befindet sich
zurzeit in der Ressortabstimmung und soll in Kürze vom Kabinett
beschlossen werden. Geplant ist unter anderem, Bäume immer jünger zu
ernten („Verkürzung der Umtriebszeiten“), die Holzvorräte im
Privatwald stärker zu nutzen und vermehrt nicht-heimische Baumarten
wie die nordamerikanischen Arten Douglasie oder Roteiche anzubauen.
Damit verschärft sich die Situation insbesondere für hoch
spezialisierte und sehr selten gewordene Tier-, Pilz- und
Pflanzenarten, die auf strukturreiche Waldökosysteme, Strukturen
alter oder abgestorbener einheimischer Bäume oder große
unzerschnittene Waldgebiete angewiesen sind.

„Die Vereinten Nationen haben die Jahre 2011 bis 2020 nicht nur um
ihrer selbst Willen als Dekade der biologischen Vielfalt ausgerufen,
sondern vor allem wegen ihrer Bedeutung für die Menschheit. Die von
der Natur bisher kostenlos zur Verfügung gestellten Leistungen des
Ökosystems Wald für unsere Gesellschaft müssen deshalb auch im
Wirtschaftswald auf der gesamten Fläche gesichert werden. Dies ist
die zentrale Forderung an jede zukunftsgerichtete Waldstrategie“,
betont Ulrich Stöcker, Leiter Naturschutz der DUH.

Zwar bekenne sich die Bundesregierung ausdrücklich zu den Zielen
der „Erhaltung der biologischen Vielfalt“ im Wald und der „Stabilität
der Waldökosysteme“, erläutert Stöcker: „Doch die hehren Ziele
bleiben Lippenbekenntnisse, solange die gesetzliche Verbindlichkeit
fehlt“. Er erinnerte daran, dass sich die schwarz-gelbe Koalition im
vergangenen Jahr bei der Novellierung des Bundeswaldgesetzes
standhaft geweigert hatte, „ökologische Leitplanken“ wie zum Beispiel
Kriterien für die so genannte „gute fachliche Praxis“ bei der
forstlichen Nutzung ins Gesetz aufzunehmen.

Bund und Länder müssten vielmehr mit gutem Beispiel vorangehen und
gerade im „Internationalen Jahr der Wälder“ alles daran setzen, die
bereits 2007 versprochenen Ziele der „Nationalen Strategie für
biologische Vielfalt“ für den Wald in Deutschland endlich
entschlossen umzusetzen, erläutert László Maráz, Koordinator der AG
Wälder des Forums Umwelt und Entwicklung. „Dazu müssen mindestens
fünf Prozent der Waldflächen bis 2020 Urwald von morgen werden, die
biologische Vielfalt in öffentlichen Wäldern muss Vorrang haben vor
wirtschaftlichen Verwertungsinteressen. Im Privatwald sollte neben
der Einhaltung ökologischer Mindeststandards auch der
Vertragsnaturschutz ausgebaut werden.“

Maráz begrüßte, dass die Bundesregierung das Ziel der „Nationalen
Strategie für biologische Vielfalt“, fünf Prozent der gesamten
Waldfläche bis zum Jahr 2020 als „Urwald von morgen“ einer
natürlichen Entwicklung zu überlassen, nun auch in die geplante
Waldstrategie aufnehmen will. „Diese Naturwaldflächen bedürfen aber
dann auch eines gesetzlichen Schutzes, der über eine
Legislaturperiode hinaus reicht. Hier sind die Gesetzgeber bei Bund
und Ländern gefordert“, so Maráz. „Wald entwickelt sich über
Jahrhunderte. Unverbindliche Ziele allein sind nicht ausreichend.“

Ein weiteres ungelöstes Problem seien überhöhte Wildbestände, die
durch Verbiss und Schälung große Schäden anrichteten und vielerorts
eine natürliche Waldverjüngung kaum mehr zuließen. Zwar kenne die
Bundesregierung das Problem, sehe die Gründe aber in dem mangelhaften
Gesetzesvollzug in den Ländern und deshalb keinen Handlungsbedarf für
die Novellierung der Jagdgesetze selbst. „Es ist zu kurz gegriffen,
einfach den Ländern den schwarzen Peter zuzuschieben“, erläutert
Maráz, „vielmehr müssen die Gründe für den mangelnden Gesetzesvollzug
analysiert und entsprechende Lösungsvorschläge vorgelegt werden. Wir
fordern deshalb eine Novellierung der Jagdgesetze von Bund und
Ländern“.

Hintergrund:

Zur Tagung „Wege zu Lebendigen Wäldern“ der DUH treffen sich heute
über 120 Experten aus Forstwirtschaft, Verwaltung, Naturschutz und
Wissenschaft, um Chancen und Herausforderungen für Schutz und Erhalt
der biologischen Vielfalt in den Wäldern zu diskutieren.

Pressekontakt:
Ulrich Stöcker, Leiter Naturschutz, Hackescher Markt 4,
10178 Berlin, Mobil: 0160 8950556, Tel.: 030 2400867-81,
E-Mail: stoecker@duh.de

László Maráz, Koordinator AG Wälder, Forum Umwelt und Entwicklung,
Marienstr. 19-20 ,10117 Berlin, Tel.: 030 678177589, 0178 1744409,
E-Mail: maraz@forumue.de

Dr. Gerd Rosenkranz, Leiter Politik und Presse, Hackescher Markt 4,
10178 Berlin; Mobil: 0171 5660577, Tel.: 030 2400867-0,
E-Mail: rosenkranz@duh.de